Wirtschaft
Verfassungsgerichtshof berät über Bundeswertpapieraufsicht
Entscheidung über Strafbefugnis der BWA so rasch wie möglich
Wien - Noch ohne konkrete Entscheidung ist die öffentliche
Verhandlung des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) über die
Bundeswertpapieraufsicht (BWA) am Donnerstag zu Ende gegangen:
Vertreter des Finanzministeriums haben die ihrer Auffassung nach
bestehende Verfassungskonformität der BWA unterstrichen.
Sein Erkenntnis zur Frage der Verfassungskonformität der Rechts-
und Organisationsbasis der Bundeswertpapieraufsicht (BWA) will der
Verfassungsgerichtshof (VfGH) nach Angaben seines Vizepräsidenten
Karl Korinek "so rasch wie möglich" ausfertigen, frühestens Ende
nächster Woche, hoffentlich noch dieses Jahr".
Möglichst rasch solle das Erkenntnis auch wegen seiner möglichen
Implikationen auf die mit 1. April 2002 startende neue
Allfinanzaufsicht vorliegen, sagte Korinek am Donnerstag nach der
öffentlichen Verhandlung in Sachen Bundeswertpapieraufsicht zur APA.
Mit der neuen Allfinanzaufsicht soll ja die Finanzmarktaufsicht
durch Zusammenlegung der Aufsichten über Banken, Versicherungen,
Pensionskassen und Wertpapieraufsicht neu organisiert werden.
Zur Causa BWA wird der VfGH zunächst am Donnerstag Nachmittag um 15 Uhr
"sehr intensive" Beratungen aufnehmen, die bis in die Abendstunden
andauern dürften. Danach soll über das Wochenende in einen schon
vorbereiteten, mehr als 50 Seiten langen Entwurf das Ergebnis dieser
Beratungen eingearbeitet werden. Kommende Woche wird der VfGH die
Angelegenheit dann noch weiter beraten. Nicht vor Ende kommender
Woche könne das Erkenntnis dann ausfertigungsreif sein.
Wurde mit der BWA ein "Kernbereich der
staatlichen Verwaltung" ausgegliedert?
Konkret beschäftigt sich der Verfassungsgerichtshof (VfGH) mit der
Frage, ob die Regierung mit der Schaffung der
Bundes-Wertpapieraufsicht (BWA) im Jahr 1996 einen "Kernbereich der
staatlichen Verwaltung" ausgegliedert habe - damit wäre es zum
Beispiel möglich, dass die BWA Strafen etwa gegen illegale
Insidergeschäfte an der Börse verhängt. Ins Rollen gebracht wurde das
Verfahren durch den Finanzdienstleister Ebner Goldmann, der gegen den
Konzessionsentzug durch die BWA Berufung beim Verwaltungsgerichtshof
(VwGH) einbrachte. Wegen verfassungsrechtlicher Zweifel schaltete der
VwGH den Verfassungsgerichtshof ein.
Nach Ansicht des VwGH handelt es sich bei den Tätigkeiten der BWA
um einen Kernbereich staatlicher Verwaltung, die Gründung der BWA sei
daher die "Abschichtung einer Kontrolltätigkeit" gewesen. Der
VwGH-Argumentation zufolge würde die Abschichtung von
Kompetenzbereichen voraussetzen, dass der Staat dann "umso mehr an
Kontrolle zurückbehält".
Für die Vertreter des Finanzministeriums handelt es sich bei der
BWA-Gründung dagegen nicht um eine klassische Ausgliederung. Vielmehr
sei die BWA eine "unmittelbar nachgeordnete Spezialbehörde mit
Fachkenntnissen", die dem Finanzministerium in allen Fragen
unterstehe. Zudem bestehe ein Weisungszusammenhang. Die Bezeichnung
"Anstalt" - Anstalt des öffentlichen Rechts - könne in diesem
Zusammenhang problematisch sein, doch allein "eine verfehlte
Namensgebung sollte nicht Anlass für eine Verfassungswidrigkeit
sein", wurde argumentiert. Bestehende Weisungen des
Finanzministeriums würden eine "Leitungs- bzw. Weisungsbefugnis" des
Ministeriums für die BWA belegen. Die BWA sei damit "effektiv in die
staatliche Verwaltung eingebunden".
Keine EU-Regelung über Organisation einer
Bankenaufsicht
Seitens der Europäischen Union (EU) ist die Organisation einer
Bankenaufsicht für die Mitgliedsländer nicht explizit geregelt. Nach
Ansicht des Finanzministeriums gibt es jedoch einen "allgemeinen
Trend zur Auslagerung von Aufsichten", Österreich sei damit der
europäischen Praxis gefolgt.
Die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit der BWA wurde durch eine
Berufung des Finanzdienstleisters Ebner Goldmann Associates ins
Rollen gebracht. Die BWA hatte dem mittlerweile in North Star
Business Consulting umbenannten Unternehmen die Konzession für die
Ausübung von Finanzdienstleistungen entzogen. "Wir waren selbst
überrascht, dass in der Folge die BWA in Frage gestellt wurde", sagte
ein Rechtsvertreter der Finanzdienstleister bei der öffentlichen
VfGH-Verhandlung am Donnerstag.
Im April brachte die BWA eine Sachverhaltsdarstellung gegen Ebner
Goldmann ein, gegen die seit Monaten gerichtliche Vorerhebungen wegen
des Verdachts des schweren Betrugs, des Urkundenbetrugs sowie der
Geldwäscherei laufen. Die Wirtschaftspolizei ermittelt seit Juli.
Wegen des Verdachts massiver Verstöße gegen das
Wertpapieraufsichtsgesetz entzog die BWA dem Unternehmen am 21. Mai
die Konzession. Dem Lizenzentzug waren laut BWA 61 rechtskräftige
Verwaltungsstrafen gegen zwei frühere Geschäftsleiter vorausgegangen.
Ebner Goldmann legte Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH)
ein, der wegen "verfassungsrechtlichen Zweifel" jetzt die
Verfassungsrichter mit dem Thema betraut hat. (APA)