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apa/Philippe Merle
Paris - Unter Missachtung ihrer Dienstvorschriften haben sich am Donnerstag in Frankreich mehrere tausend Gendarmen an Protesten gegen ihre Arbeitsbedingungen beteiligt. Rund 3.000 von ihnen versammelten sich am Morgen in Uniform in der Raby-Kaserne im Osten von Lyon, rund 2.000 in Cintegabelle, der Hochburg des sozialistischen Premierministers Lionel Jospin. Bereits am Vortag hatten sich landesweit mehrere tausend Gendarmen an Protestzügen mit Blaulicht-Konvois beteiligt. Die Gendarmerie zählt zu den Streitkräften und ist Verteidigungsminister Alain Richard unterstellt. Protestaktionen in Uniform sind den Gendarmen dienstrechtlich nicht gestattet. "Das gab es seit Napoleon nicht" "So etwas hat es seit Napoleon nicht gegeben", sagte Pierre Collard, ein Unteroffizier der Gendarmerie, der Tageszeitung "Liberation". "Wir brechen ein Tabu, wir haben die Befehle des Obersten nicht ausgeführt, aber er versteht das schon." Die Gendarmen wollen eine bessere materielle Ausstattung, die Anerkennung ihrer Überstunden, die Schaffung von 10.000 zusätzliche Stellen und die Zahlung eines 13. Monatsgehalts durchsetzen. Für Samstag wurde eine Verhandlungsrunde von Vertretern der Gendarmen mit dem Verteidigungsminister in Paris angesetzt. Premierminister Lionel Jospin hatte am Mittwochabend bei einem Fernseh-Interview die Bereitschaft zu finanziellen Zugeständnissen erkennen lassen. Zugleich ermahnte der Regierungschef die Gendarmen, "bestimmte Formen von Protesten zu vermeiden". Gehorsam verweigert Neben den Großveranstaltungen in Lyon und Cintegabelle gab es am Donnerstag Kundgebungen mit mehreren hundert Gendarmen in Melun, südöstlich von Paris, sowie in den südfranzösischen Städten Toulon un Pau. Bei den Kundgebungen vom Vortag hatte eine Delegation der Protestierenden im Heimat-Departement von Präsident Jacques Chirac, Correze, symbolisch drei Dienst-Kappen niedergelegt. Begonnen hatten die Proteste schon im Oktober, als 54 Gendarmen der Republikanergarde bei einer Probe im Innenhof des Pariser Elysee-Palastes ihrem Offizier den Gehorsam verweigerten. Zur französischen Gendarmerie zählen insgesamt rund 100.000 Militärangehörige. Außerhalb der Städte nimmt die Gendarmerie Polizeiaufgaben wahr. Die städtische Polizei ist dem Pariser Innenministerium unterstellt und hatte kürzlich durch ähnliche Proteste erreicht, dass Innenminister Daniel Vaillant ihnen Gehaltsaufbesserungen in Aussicht stellte. (APA)