Es gibt nichts Schlechtes, das nicht auch sein Gutes hätte. Das gilt sogar für den Terroranschlag vom 11. September, man muss es nur zu entdecken wissen. Dieser Aufgabe hat sich ein nicht näher definierter Helmut Müller in der letzten Ausgabe der Mölzer-Postille "Zur Zeit" unterzogen und sie im Sinne der Redaktion befriedigend gelöst. Noch können wir zuversichtlich sein: Unter den Trümmern des World Trade Centers liegen schließlich auch die multikulturellen Träume Amerikas begraben. Na wenn das nicht ein ausgesprochener Glücksfall ist! Danke, lieber Osama Bin Laden, für diesen Beitrag zur Erhaltung einer deutschen Leitkultur, geeignet, dem großen Werk die Krone aufzusetzen: Der Deutsche, ob in Wien oder Berlin, wie der Europäer insgesamt muß daher neu erweckt und es muß ihm wieder Mut eingeimpft werden.

Derzeit hat nämlich der Deutsche, vor allem wenn er in Wien sein Deutschtum gegen das Vordringen einer willkürlich zusammengewürfelten Vielvölkergesellschaft verteidigen soll, eher das Herz in der Hose. Es rücken die Einwanderer, unterstützt von Landesverrätern und Kollaborateuren, unbehelligt vor, stecken wie jedes soziale Wesen ihr Territorium ab, um dann, durch Geburten- und Zuwandererschub begünstigt, erneut ein Stück vorzurücken - und so fort.

Traditionelle Leitkultur oder multikulturelle Beliebigkeit? ist der Titel des sich über eine Doppelseite hinschleppenden Pamphlets für germanophile Beliebigkeit und traditionelle Ausländerfeindlichkeit. Zwar führte die hauptsächlich von den USA ausgehende Globalisierung mit ihrer durchaus auch kulturenzerstörerischen Herausforderung - da weiß sich der artreine Wiener mit dem islamistischen Wüstenfundi eins - zu Gegenbewegungen, aber leider nur in engen Grenzen, wie in New York bewiesen ward: So wenig wie vielen marionettenhaft Bewegten der geistig-moralische Verfall der Gesellschaft eine Überlegung wert zu sein scheint. Im Gegenteil, ein gewisses Morsch-sein bis in die Knochen wird wie ein Markenzeichen auch abseits unappetitlicher "Love"- und Schwulenparaden stolz vor sich her getragen.

Ganz leicht ist es nicht zu verstehen, wie es mit dem Deutschtum so weit kommen konnte. Sind Fleiß und Ordnungssinn, Redlichkeit und Tapferkeit, Verläßlichkeit und Gerechtigkeitssinn neben anderen nicht typisch deutsche Tugenden? Fleißig und redlich, tapfer und verlässlich mögen ja andere, von den Deutschen nicht zu weit abgelegene Völker auch sein, aber es ist eben doch nicht jene typisch deutsche Redlichkeit und Tapferkeit, um die es dem typischen Rassisten geht, sondern höchstens eine degenerierte Ausformung von Tugenden, auf die allein der Deutsche abonniert ist.

Aber natürlich auch Selbsthaß und Fernstenliebe gehört zu den deutschen Tugenden, wird uns verraten, und kaum ein Volk hat für andere mehr getan als das Deutsche. Millionen Juden, Russen, Polen, etc. werden das gerne bestätigen - Kinder lernt Geschichte, kann man da nur sagen. Dies auch an die Adresse von protegierten politischen Vorzugsschülern und Bücklingen, die liebend gerne Aufträge ausführen, ohne nach dem Auftraggeber oder dem Warum zu fragen.

Da ist eben der Herr Müller aus ganz anderem Holz geschnitzt. Er hat nicht nur Geschichte gelernt, sondern auch Anthropologie, und zwar bei der Koryphäe dieses Faches, einem gewissen Professor Johann Szilvassy, Experte für "Die Endlösung der Rassenfrage". Der warnte schon in der "Aula" vor bevölkerungsbiologischen Problemen der europäischen Integration und vor Mischehen - Erkenntnisse, die er aus der Vermessung der Ge-schlechtsteile Hunderter Afrikaner im Auftrag österreichischer Gerichte gezogen hat. So lange, bis er seine Tätigkeit als "Sachverständiger" aufgeben musste, als der Humanbiologe Harry Seidler vor seinen Methoden warnte.

Und weil es so nahe liegt, greift Müller einen Artikel Szilvassys auf, der sich erst unlängst, am 29. August 1993 in den "Kurier" regelrecht verirrt hatte. Darin machte der Genforscher Prof. Johann Szilvassy nämlich unmißverständlich darauf aufmerksam, daß "auf lange Sicht, nach zwei oder drei Generationen, das Erscheinungsbild des Österreichers, aber auch dessen psychischen und geistigen Eigenschaften (sic!) sich ändern" könnten.

Zu dieser wissenschaftlichen Quelle von "Zur Zeit" sagte im Mai 2000 Dekan Wolfgang Schütz: "Szilvassy steht in keinerlei Dienstverhältnis zur Universität. Wie immer damals seine Habilitation zustande gekommen ist, distanziere ich mich als der derzeitige Repräsentant der Medizinischen Fakultät und damit auch in ihrem Namen von allen offiziellen und veröffentlichten Texten von Herrn Szilvassy." Aber das wird die psychischen und geistigen Eigenschaften des Herrn Müller auch nicht mehr ändern können. (DER STANDARD; Print-Ausgabe, 7./8./9. Dezember 2001)