Bonn/Berlin - Die Frage, was die wichtigsten Aufgaben in nächster Zeit sind, beantwortet der designierte afghanische Minister für den Wiederaufbau, Mohammed Amin Farhang, mit einer Gegenfrage: "Man sollte wohl besser fragen: Was sind nicht die wichtigsten Fragen?"

Farhang, der als Delegierter der königstreuen Rom-Gruppe bei der Bonner Afghanistan-Konferenz dabei war, wird im Gespräch mit dem STANDARD aber gleich ernst: "Es gibt keine Infrastruktur, die Menschen flüchten von einer Ecke in die andere. Man muss zuerst einmal Nahrungsmittel für eine Million Flüchtlinge heranschaffen. Das Gesundheitssystem ist ganz kaputt. Man muss irgendwo anfangen, ich weiß noch nicht, wo."

Was er sich von Geberkonferenzen wie jener, die am Donnerstag in Berlin beendet wurde, erwarte? "Wir erwarten, dass uns die Staatengemeinschaft nicht vergisst. Damit Afghanistan bekommt, was es am dringendsten braucht. Ich bin für eine Art Marshallplan. Alle Industrieländer müssen sich beteiligen und Afghanen helfen, wieder auf die Beine zu kommen." Kriegskosten-Bruchteil

Zu Schätzungen, dass für den Wiederaufbau rund zehn Milliarden Dollar (11,23 Mrd. Euro/155 Mrd. S) benötigt werden, sagte Farhang: "Es muss zuerst eine Bestandsaufnahme gemacht werden, bevor man Zahlen bestätigen kann." Auf der anderen Seite müsse berücksichtigt werden, wie viel für den Krieg in den vergangenen 23 Jahren ausgegeben worden sei. "Wenn man nur einen Bruchteil davon für den Wiederaufbau verwendet, ist das schon viel."

Als besonders wichtig erachtet Farhang, der selbst seit Jahren im Exil lebt und zwischen Rom und Deutschland pendelt, die Rückkehr der afghanischen Fachleute. Es müssten materielle und immaterielle Anreize geschaffen werden, damit die Experten zurückkehrten. Bei der Erstellung eines Wiederaufbaukonzeptes könnten gerade Fachkräfte aus Europa helfen. Auch Hilfe aus den Nachbarländern sei prinzipiell willkommen, allerdings schränkte Farhang gleich ein: "Nur wenn sie nicht an Bedingungen geknüpft ist. Ich bin für die Zusammenarbeit mit Nachbarstaaten, aber gegen Einmischung. Diese Einmischungen haben in den vergangenen Jahren keine guten Früchte getragen." (DERSTANDARD, Printausgabe, 7.12.2001)