Es ist schon so eine Sache, das mit dem vertraulichen du. Engländer und Amerikaner tun sich da viel leichter, wenngleich man bei den Vornamen-ansprechenden Amis nie so recht weiß, wie sehr die Vertraulichkeit ernst gemeint ist. In unseren Breitengraden geht das alles viel förmlicher ab, weshalb wir uns vor peinlichen Fauxpas hüten sollten.

So obliegt es in der Regel dem Älteren, dem Jüngeren das Duwort anzubieten. Allerdings nicht im Business-Life: Hier hat immer der Vorgesetzte das "Erstrecht". Auch wenn der "Untergebene" um zwanzig Jahre älter sein sollte, darf er nicht dem Höherrangigen jovial das Duwort aufdrängen. Wenn ein 50-jähriger Abteilungsleiter das bei seinem 35-jährigen Vorstandsdirektor versucht, sollte der jüngere Chef das ablehnen, wenn ihm dabei unwohl ist.

Dasselbe gilt natürlich auch bei Damen gegenüber Herren: Der vorgesetzte Mann bietet der Dame - egal welchen Alters - das Duwort an und nicht umgekehrt. Auch wenn die Weihnachtsfeier noch so nett war und die fesche Sekretärin des Vorstandskollegen im etwas illuminierten Zustand ab Mitternacht nur mehr du zu Ihnen sagte, dürfen Sie sie am nächsten Tag wieder siezen.

Ich halte nichts von der scheinheiligen und doch oft beliebten Verhaltensweise, sich im Privatleben zu duzen und im Geschäftsleben zu siezen. Traut man sich im Geschäftsleben nicht zu dem zu stehen, was man im Privatleben genießt?

Andererseits müssen wir uns vor den Zehn-Minuten-Duzern zu schützen lernen! Also jenen selbst ernannten "Superkumpels", die mit dem Duwort schneller sind als mit dem Namenmerken. Die germanische Du- und Sie-Ordnung ist nicht die schlechteste, wenn wir nicht allzu leichtfertig mit der Vertrautheit umgehen, sondern darin eine echte Steigerungsmöglichkeit in den Human Relations sehen.