Inland
Klubobleute diskutieren "Wozu noch Österreich?"
Vereinigte Staaten von Europa als langfristiges Ziel von VP-Khol
Wien - Durch den weltweiten Prozess der Globalisierung und
den EU-Beitritt haben sich in den letzten Jahren jene Bereiche, wo
Österreich souverän und autonom agieren kann, verändert. Braucht es
im Zuge dieser Entwicklungen noch einen Nationalstaat? Welche Rolle
spielt die EU-Erweiterung dabei? Diesen und anderen Fragen gingen am
Donnerstagabend die Klubobleute der vier Parlamentsparteien bei einer
Podiumsdiskussion nach. "Wozu noch Österreich?" fragte
News-Chefredakteur Peter Pelinka, der ein gleichnamiges Buch
geschrieben hat, die Diskutanten.
VP-Klubobmann Andreas Khol ließ mit dem langfristigen Ziel von
"Vereinigten Staaten von Europa" aufhorchen. Auch wenn er das
wahrscheinlich nicht mehr erleben werde, so sei man dennoch "auf dem
besten Weg dazu". Dem gegenüber würden aber auch lokale und regionale
Kooperationen immer wichtiger, meinte Khol. Von der Abschaffung der
Bundesländer, wie es von seinem steirischen Parteikollegen Gerhard
Hirschmann bereits einmal gefordert wurde, halte er nichts, stellte
Khol klar.
Westenthaler gegen Bundesstaat Europa
Peter Westenthaler, vom Regierungspartner FPÖ, hält hingegen
nichts von einem Bundesstaat Europa. "Das ist nicht unsere Vision von
einem gemeinsamen Europa", sagte er. Seine Vorstellung gehe in
Richtung Staatenbund, wie er vor dem Maastrichter Vertrag bestanden
habe. Und die Entwicklung gehe auch in diese Richtung, meinte
Westenthaler. Eine "Gegenbewegung" zur zu starken und negativen Form
der Globalisierung habe begonnen, die sich in einer "verstärkten
Ausprägung des Patriotismus", in einer "verstärkten regionalen
Entwicklung" und in der "Renationalisierung in manchen Bereichen der
Wirtschaft" widerspiegle.
SP-Klubobmann Josef Cap versuchte Österreichs internationale Rolle
über den Zugang zur Geschichte auszumachen. Die österreichische
Identität habe sich in der Vergangenheit stark über
Konfliktsituationen und Autoritätsfixierung definiert, meinte er.
"Wir brauchen den Mut zur Normalität und zu etwas Neuem", so Cap.
Statt die Vergangenheit über zu betonen, solle man die Chancen, die
sich durch eine EU-Erweiterung ergeben würden, nutzen. Je größer die
EU, desto geringer wäre die Wahrscheinlichkeit des Scheiterns
einzelner Staaten.
Van der Bellen: Verlust von Souveränitäten
Grünen Chef Alexander Van der Bellen betonte, dass der Verlust von
Souveränitäten ein genereller Trend, und keineswegs ein
Kleinstaatenphänomen, sei. In manchen Bereichen, wie etwa der Geld-
und Zinspolitik, habe es durch den EU-Beitritt aber auch
Verbesserungen gegeben. Früher habe sich Österreichs Zinspolitik
automatisch an der deutschen orientiert. Heute hätte man wenigsten
Sitz und Stimme in der Europäischen Zentralbank.
Einig waren sich die vier Klubobleute in der Ablehnung des Titels
"Wozu noch Österreich?". Das sei ein "typisch grantelndes Buch",
sagte etwa Khol. Solche Fragen würden sich nur Österreicher stellen.(APA)