Frankfurt/Main - Der Literaturkritiker Marcel
Reich-Ranicki ist "erleichtert und glücklich", nach dem Endes des
"Literarischen Quartetts" im ZDF etwas Neues machen zu können. Er
habe die Sendung gern gemacht. "Aber ich hatte es satt, eine Sendung
zu machen, für die ich jedes Mal 40, 50 Bücher lesen musste, von
denen die meisten nichts taugten", sagte der 81-Jährige in einem
Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa) in Frankfurt.
Das "Literarische Quartett" endet nach fast 14 Jahren am 14.
Dezember im Berliner Schloss Bellevue. Die neue Sendung "Marcel
Reich-Ranicki solo" startet am 5. Februar 2002 im ZDF.
"Das Literarische Quartett hat mich oft amüsiert, bisweilen
geärgert, nie gelangweilt", erklärte Reich-Ranicki. "Gelangweilt
haben mich hingegen die vielen Bücher, die ich für das Quartett lesen
musste, von denen die meisten schwach oder schlecht waren. Von 100
Büchern, die erscheinen, sind 99 schlecht, und das 100. ist schwach."
Den Verlagen, "auch den größten", wirft Reich-Ranicki außerdem
vor, sie druckten sehr viele Bücher, ohne sie aufmerksam zu
lektorieren. "Früher haben in Verlagen Lektoren gearbeitet. Heute ist
dieser Berufsstand kaum noch bekannt." In der Regel würden nur
Erstlingsbücher lektoriert. Die Verlage rechtfertigten dies damit,
sie könnten sich das Lektorieren bekannter Autoren nicht leisten. Die
Schuld dafür sieht Reich-Ranicki zu einem Teil auch bei zu fordernd
auftretenden Schriftstellern, die bei Kritik schnell mit
Verlagswechsel drohten.
Seine "enorme Lust an der Literatur" habe er dennoch nicht
verloren, sagte Deutschlands berühmtester Kritiker. In seiner neuen
Sendung spreche er allein vor Publikum. Themen seien außer Literatur
auch Film, Fernsehproduktionen und vielleicht Theater und Oper. "Ich
lasse mich nicht festlegen. Eine halbe Stunde vor der Sendung werde
ich noch nicht sicher sein, was ich mache." Die Sendung solle
"improvisiert, lebendig, temperamentvoll" und nicht abgelesen sein.
"Einen Teleprompter brauche ich nicht, den habe ich im Kopf." (APA/dpa)