Europa
Amtsinhaber Smirnow gewinnt "Präsidentenwahl" in Transnistrien
Moldawien erklärt Wahl in abtrünniger Provinz prompt für ungesetzlich
Chisinau/Tiraspol - Der amtierende Präsident der
international nicht anerkannten, von Moldawien abtrünnigen Provinz
Transnistrien, Igor Smirnow, hat nach offiziellen Angaben mit 79,4
Prozent der Stimmen die Präsidentenwahlen am Sonntag gewonnen. Seine
Gegenkandidaten Tom Senowitsch und der Führer der Bewegung "Dem Volk
die Macht" erhielten 6,8 bzw. 4,1 Prozent der Stimmen, meldet die
russische Nachrichtenagentur ITAR-TASS von Montag. Die
Wahlbeteiligung lag bei etwa 65 Prozent. Moldawien erklärte die
Wahlen in der Dnjestr-Region für ungesetzlich. Internationale Kontrolle
Die Wahl wurde nicht durch offizielle internationale
Wahlbeobachter kontrolliert, erklärte ein Sprecher des moldawischen
Präsidenten Wladimir Voronin als Begründung. Der Wahlkampf habe aber
gezeigt, dass in Transnistrien eine "reelle" Opposition gegen Smirnow
entstanden sei.
Der bereits für eine dritte Amtszeit gewählte Präsident erklärte
sich bereit, die im September unterbrochenen Verhandlungen mit
Moldawien über eine Regelung des Transnistrien-Konflikts
wiederaufzunehmen. Dabei geht es um ein Sonderstatut für das Gebiet
am linken Dnjestr-Ufer mit mehrheitlich slawischer Bevölkerung
innerhalb des moldawischen Staates, dessen Einwohner überwiegend
Rumänen sind. Die "Dnjestr-Republik" umfasst Gebiete, die vormals zur
Ukraine gehört hatten und im Jahr 1945 mit der damals errichteten
Sowjetrepublik Moldawien vereinigt worden waren. Diese war
hauptsächlich aus Teilen des vormals rumänischen Bessarabien gebildet
worden, das sich die UdSSR zu Beginn des Zweiten Weltkrieges
einverleibt hatte.
"Hoche Aktivität der Wähler"
Beim Zerfall der Sowjetunion erklärte Moldawien seine
Souveränität. Die russisch- und ukrainisch-sprachige Mehrheit in
Transnistrien, die den Anschluss Moldawiens an Rumänien befürchtete,
rief daraufhin einseitig die "Dnjestr-Republik" aus.
Smirnow sah die "hohe Aktivität der Wähler" als Beweis für die
Staatlichkeit der Dnestr-Region. "So mancher hält zwar unseren Staat
für virtuell, doch hier leben realen Menschen und wir haben für sie
Sorge zu tragen", sagte Smirnow vor Journalisten. Der Vorsitzende der
Zentralen Wahlkommission, Pjotr Denissenko, sagte, dass es keine
Meldungen über ernsthafte Rechtsverletzungen während der Wahl gegeben
habe.
Moldawien plant engere Kooperation mit Russland
Der moldawische Präsident Vladimir Voronin, der selbst aus
Transnistrien stammt, hatte am Vorabend der Wahlen erklärt, dass er
auf Smirnows Ablösung hinwirken werde. Die Presse in Chisinau hatte
im Wahlkampf seinen Gegenkandidaten Senowitsch unterstützt.
Mit Voronin war Anfang des Jahres erstmals seit Ende der
Sowjetunion wieder ein ethnischer Russe zum Präsidenten Moldawiens
gewählt worden. Damit endete die Ära der engen Anlehnung des zu zwei
Dritteln von ethnischen Rumänen bewohnten Moldawien an den
"Bruderstaat" Rumänien. Voronin kündigte an, die Außenpolitik
Moldawiens in Zukunft stärker mit Russland abzusprechen und traf im
laufenden Jahr bereits sieben Mal mit seinem russischen Amtskollegen
Wladimir Putin zusammen.
Russland galt bisher als "Schutzmacht" Transnistriens und ist mit
2.500 Soldaten in der abtrünnigen Region stationiert. In einem
Freundschaftsvertrag bekannten sich Moldawien und Russland Ende
November dazu, separatistische Bewegungen zu bekämpfen. Moldawien hat
Transnistrien eine umfassende Autonomieregelung angeboten, ist aber
nicht bereit, mit dem Regime in Tiraspol zu verhandeln.
In Transnistrien befinden sich die meisten Industrieanlagen des
sonst agrarisch geprägten Moldawiens. Dem Regime des Altkommunisten
Smirnow, der seit elf Jahren an der Spitze Transnistriens steht, wird
vorgeworfen, organisierte Kriminalität, illegale Waffenproduktion und
-handel zu tolerieren und sich am Schmuggel von Alkohol und
Zigaretten zu bereichern.(APA)