Panorama
Deutscher Tierschutzverein fürchtet Übernahme durch Fiat Lux
Eintritt von über 200 Sektenmitgliedern warf die Mehrheitsverhältnisse über den Haufen
Waldshut-Tiengen - Schon zwei Stunden vor dem offiziellen
Einlass standen die Menschen am Samstag vor der Waldshuter
Stadthalle. "Hoffentlich kommen genügend von uns", murmelte ein
Tierschützer, "denn sonst übernimmt diese Sekte den ganzen Laden".
Das Waldshuter Landgericht hatte eine außerordentliche
Mitgliederversammlung des Tierschutzvereins Waldshut-Tiengen
anberaumt, um zu klären,
ob die rund 220 Mitglieder der Sekte Fiat Lux rechtmäßige Mitglieder
sind oder aus dem Verein ausgeschlossen werden können.Wes Brot ich ess ...
Vor fast zwei Jahren hatte Marianne Hoinkis, die Vorsitzende des
Tierschutzvereins, von den Jüngern der Sektenchefin Uriella Spenden
für das neue Tierheim im Schwarzwald entgegen genommen. Gleichzeitig
traten über 200 Sektenmitglieder in den Tierschutzverein ein, denn
schließlich, so Uriellas Ehemann "Icordo", mit bürgerlichem Namen
Eberhard Bertschinger-Eicke, ginge es um das "Wohl der haarigen
Geschöpfe Gottes".
Aufgeschreckt durch kritische Presseberichte wollte die
Vorsitzende Hoinkis ihre neuen Mitglieder wieder los werden. Doch es
blieb beim Versuch, denn Icordo verweigerte den Austritt und setzte
vor Gericht eine außerordentliche Mitgliederversammlung durch.
Der Saal füllte sich und die hell gekleideten Fiat-Lux-Anhänger
hatten zum Teil weite Wege auf sich genommen, sie kamen aus
Deutschland, Österreich und der Schweiz. Der Waldshuter
Oberbürgermeister Martin Albers hatte die Versammlungsleitung
übernommen. Er machte von Anfang an klar, dass man über den
Ausschluss der Fiat-Lux-Mitglieder nicht befinden könne, denn diese
hätten dem Verein keinen Schaden zugefügt und somit auch nicht gegen
die Satzung verstoßen.
Auch Fiat Lux kastriert Katzen
Übrig blieb also lediglich die Frage, ob sich Icordo
vereinsschädigend verhalten habe. Mehrere Tierschützer äußerten ihre
Besorgnis, dass Fiat Lux grundsätzlich die Schulmedizin ablehne und
deshalb auch keine Tierärzte in Anspruch nähme. Außerdem habe man
gehört, dass die Sekte strikt gegen die Kastration von Katzen sei und
das widerspräche dem Tierschutzgedanken. Icordo trat den Vorwürfen
vehement entgegen.
Erst vor kurzem habe Fiat Lux seine "zwei süßen Perserkätzchen"
bei einem Tierarzt kastrieren lassen, die Befürchtungen der
Gegenseite seien völlig aus der Luft gegriffen. Außerdem sei er
Mitglied in sieben Tierschutzorganisationen und seine Frau Uriella
sogar in sechzehn. Seit Jahren kümmere man sich um die "gequälten
Kreaturen" und das "im Auftrag Gottes".
Schlacht geschlagen, "die Wahrheit hat gesiegt ..."
Die Abstimmung fiel zugunsten Icordos aus: 197 votierten für
seinen Ausschluss, 213 dagegen. Weitere 48 Stimmen für ihn wurden
gesondert notiert, denn sie stammten von Sektenmitgliedern, die erst
vor kurzem in den Tierschutzverein eingetreten waren. Icordo küsste
kameragerecht sein goldenes Kreuz, seine Anhänger falteten die Hände.
"Die Wahrheit hat gesiegt", resümierte Icordo zufrieden.
Aufgrund der Mehrheitsverhältnisse könnte Fiat Lux nun auf der
nächsten Mitgliederversammlung sogar den Vorstand übernehmen. Das, so
Icordo, komme aber nicht in Frage: "Wir sind ein betender Orden,
unser Werk ist nicht von dieser Welt". Für den Tierschutz wolle man
engagiert im Hintergrund arbeiten, mehr nicht.
Frustriert zogen die Unterlegenen ab, einige wollten sofort aus
dem Verein austreten. "Wir lassen uns doch nicht von einer Sekte
kommandieren". Die Schar der Fiat-Lux-Anhänger pilgerte, glücklich
lächelnd, hinauf nach Ibach, ins "Heiligtum" der Sekte. Dort, so
Icordo, habe seine Frau Uriella den ganzen Tag gebetet für einen
glücklichen Ausgang. "Und wie Sie sehen - es hat geholfen, Gott ist
immer bei uns".(APA)