Wien - Nein, sagt der Kaiser des Kaffeeimperiums, Howard Schultz, die Eröffnung des ersten Starbucks gleich neben dem traditionsreichen Sacher in der Wiener Kärntner Straße, sei keine Kampfansage an Wiener Kaffeehäuser. "Wir kommen nicht, um jemanden aus dem Markt zu drängen, sondern wir kommen, um zu zeigen, dass das Starbucks-Konzept mit der reichen Geschichte des Kaffees in Wien koexistieren kann", sagt Schultz im Interview mit dem S TANDARD . "Wir kommen als respektvoller Erbe dessen, was hier geschehen ist, und bitten um die Ehre, zeigen zu dürfen, wie wir Kaffee liebevoll umwerben, und werden uns darum bemühen, die Erwartungen der Wiener zu erfüllen. Wir bieten unsere eigene reiche Geschichte und Interpretation der Kaffeekultur und wollen zeigen, was amerikanischer Kaffee heute ist, nicht was er einmal war."

Denn in mancher Hinsicht bedeutet der Markteintritt von Starbucks auch, den Wienern beizubringen, welche Version von "Kaffeeromantik" Starbucks serviert. "Ähnlich erging es uns in Zürich, wo uns noch vor acht Monaten viele Zyniker sagten, die Schweizer werden niemals aus Kartonbechern Kaffee trinken", sagt Schultz. "Aber es ist uns sehr rasch gelungen, vor allem die Vorstellungen des jungen Publikums einzufangen. Das Erlebnis in unseren Stores ist einzigartig und unterscheidet sich von anderen Kaffeehäusern. Es bietet eine Alternative zu bestehenden Lokalen, eigene Getränke, die es hierzulande nicht gibt, bequemes Mobiliar und Musik. Wir werden uns von den anderen unterscheiden."

Jeder neue Markt müsse zuerst lernen, was Starbucks speziell zu bieten habe. "Hier in Wien eröffnen wir aufgrund der hiesigen Tradition mit einem sehr großen Store." Aber es komme der Zeitpunkt in jedem Markt, wo man das Angebot von "Coffee to go" annehmen würde, weltweit 75 Prozent des Geschäfts, "in Zürich bereits 80 Prozent".

Wie vielen globalen Konzernen schlägt auch Starbucks längst der Wind von Globalisierungsgegnern und anderen Kritikern entgegen. Natürlich könne jede Kritik geäußert werden, sagt Schultz, "aber es ist unfair, sie über die Maßen aufzublasen". Schließlich könne Starbucks bei allen unterschiedlichen sozialen Traditionen nur erfolgreich sein, "wenn am Ende des Tages die Kunden für uns votieren". Schultz führt ins Treffen, dass der Konzern versuche, eine "Balance zwischen Profitabilität und Wohltätigkeit" zu halten, und sich deshalb stets örtlich engagiere; in Wien etwa sponsert das erste Lokal die Aktion "Kinderwunsch" und stiftete die Fassadenrestaurierung als "Geschenk an die Stadt". Auch beim Einkauf übe Starbucks "Fair Trade" und würde die Herkunftsländer des Kaffees an seinem Erfolg beteiligen.

Starbucks sei der einzige Konzern, der selbst Teilzeitmitarbeitern Besitzanteile übertrage. "Wir wollen dieses Programm in allen Ländern betreiben, in denen wir tätig sind", erklärt Schultz. In Großbritannien und Japan sei dies bereits der Fall, in Österreich müssten erst lokale Regelungen geschaffen werden, um dies zu ermöglichen. (Helmut Spudich, Der Standard, Printausgabe, 10.11.2001)