Wirtschaft
Argentinien: Mit höheren Steuern Schuldenkrise lindern
Sonst droht Zahlungsunfähigkeit
Buenos Aires - Argentinien will mit höheren Steuern
für Unternehmen und nicht mit unpopulären Ausgabenkürzungen seine
Schuldenkrise lindern. Nach seiner Rückkehr von einem Treffen beim
Internationalen Währungsfonds (IWF) sagte Wirtschaftsminister Domingo
Cavallo in der Nacht zum Montag in Buenos Aires, es seien keine
"drastischen" Ausgabenkürzungen nötig, um vom IWF wieder unterstützt
zu werden. Argentinien droht die Zahlungsunfähigkeit, nachdem der IWF
1,3 Mrd. Dollar (1,46 Mrd. Euro/20,1 Mrd. S) eingefroren hat.
Cavallo hatte versucht, vom IWF zunächst eingefrorene Kredite über
1,3 Mrd. US-Dollar zu erhalten, kehrte aber mit leeren Händen nach
Buenos Aires zurück. "Wir müssen zwischen vier und 4,5 Mrd. Dollar
durch Beendigung dieser Steuererleichterungen aufbringen, um das
vereinbarte Steueraufkommen zu erreichen", sagte Cavallo, der für
Montag weitere wirtschaftliche Maßnahmen ankündigt. Angesichts des
starken Drucks durch den IWF, den argentinischen Staatshaushalt
auszugleichen, werde Argentinien aber mindestens vier Mrd. Dollar an
Steuererleichterungen für Unternehmen kürzen.
Staatspleite droht
Volkswirte halten eine geringere Schuldenaufnahme für notwendig,
da Argentinien sonst in die Staatspleite falle und die Wirtschaft des
Landes in eine Katastrophe abgleiten würde. Das Land hat Schulden von
insgesamt 132 Mrd. Dollar und kann nach Einschätzung von Experten die
anfallenden Zinsen und Tilgungen ohne Unterstützung von außen in
wenigen Wochen nicht mehr aufbringen.
Rrheblicher Widerstand erwartet
Cavallo muss für seine Sparbemühungen in Argentinien mit
erheblichem Widerstand rechnen. Auf der einen Seite herrscht die
Sorge, Argentinien könne in der derzeitigen Krise den Peso abwerten,
was zur Hyperinflation führen könnte. Auf der anderen Seite fürchten
sowohl Politiker als auch Bürger sich vor weiteren
Haushaltskürzungen. Bei einem aufgeheizten öffentlichen Klima -
vergangene Woche bewarfen Demonstranten die Zentralbank in Buenos
Aires mit Eiern - erscheint nach Experteneinschätzung ein politischer
Konsens nicht sehr wahrscheinlich.
Um den Abfluss von Bankeinlagen zu stoppen, begrenzte die
Regierung die Bargeld-Abhebungen auf 250 Dollar die Woche oder 1000
Dollar im Monat. Damit heben die Bürger zwar weniger ab, geben aber
auch weniger in den Geschäften aus. In der vergangenen Woche brachen
die Umsätze im Einzelhandel einer Studie zufolge um 80 Prozent im
Vergleich zur Vorwoche ein. Dafür investieren viele Argentinier aber
mangels Alternative in Aktien oder Immobilien. Der argentinische
Aktienmarkt stieg in der vergangenen Woche um rund 26 Prozent. Auch
Autohändler berichteten von einem Geschäftsanstieg.(APA/Reuters)