Inland
Gedenkdienst im Ausland auch für Frauen möglich
Bereits zwei Wiener Studentinnen in Berlin und Frankfurt tätig
Wien - Johanna Moser (23) und Katharina Racek (19) sind
Österreichs erste weibliche Gedenkdienerinnen im Ausland. Seit Anfang
September absolvieren die beiden Wiener Studentinnen ihren
Gedenkdienst bei der Anne Frank-Jugendbegegnungsstätte in Frankfurt
sowie im Anne Frank-Zentrum in Berlin. Der Gedenkdienst ist
ursprünglich entstanden als Möglichkeit, Zivildienst auch bei
Holocaust-Gedenkstätten im Ausland zu absolvieren. Nunmehr wird
entsprechendes Engagement seitens des European Voluntary Service der
EU (EVS) auch für Frauen subventioniert.
Bisher konnten auch österreichische Frauen bei derartigen
Gedenkstätten arbeiten, sie mussten ihren Aufenthalt aber selbst
finanzieren. Dem Verein "Gedenkdienst" gelang es in diesem Jahr
erstmals, Förderungen auch für weibliche Interessentinnen zu
lukrieren. "Eigentlich hatten wir drei Plätze zur Verfügung", sagt
Obmann Christian Klösch. Und: "Wir sind erst im Versuchsstadium. Ich
bin sicher, beim nächsten Entsendungstermin werden sich wesentlich
mehr Frauen melden."
Ohne zusätzliche finanzielle Eigenleistungen könnten sich aber
auch die beiden Gedenkdienerinnen in Frankfurt und Berlin ihr
Auslandsjahr nicht leisten. Dieses Leid teilen die beiden jungen
Frauen mit ihren männlichen Kollegen. Auch sie verrichten allseits
gelobte Friedens-, Sozial- oder Gedenkdienste in allen Teilen der
Welt, müssen aber seit jeher - und heuer ganz besonders - lange auf
die Überweisung ihrer bescheidenen Entschädigungen warten.
Während Katharina Racek mit 1.045 Mark (534 Euro/7.352 S)
auskommen muss, erhält Johanna Moser ein monatliches Taschengeld von
345 Mark (176 Euro/2.427 S), zusätzlich 580 Mark (297 Euro/4.081 S)
für Essen und den Kostenersatz für die Benützung der öffentlichen
Verkehrsmittel in der Höhe von 66 Mark (33,7 Euro/464 S). "Natürlich
habe ich anfangs draufgezahlt - es gab schließlich größere
Anschaffungen für die Wohnung. Aber fürs tägliche Leben wird es schon
reichen", zeigt sich Katharina Racek in Berlin sehr zuversichtlich.
Viel Zeit zum Geldausgeben haben die beiden Gedenkdienerinnen aber
ohnehin nicht - die Arbeit in den Gedächtnisstätten ist sehr
interessant und daher auch dementsprechend zeitaufwendig. Katharina
Racek betreut Schulklassen und führt diese durch das Anne
Frank-Zentrum in Berlin. Sie beschäftigt sich dabei besonders mit den
Ergebnissen regelmäßiger Begegnungen von Jugendlichen mit den Themen
"Holocaust" und "Zweiter Weltkrieg".
Sie habe etwa "sehr schnell erkannt", dass bei Kindern, die mit
den Gräuel-Taten der Nazis konfrontiert werden, oft ein
"gesellschaftlich aufgesetzter Betroffenheitszwang" herrsche. Racek: "Ich halte diesen Zwang in vielen Fällen für den
Hauptgrund, wieso Kinder und Jugendliche abblocken. Was dann oft als
Desinteresse gedeutet wird, halte ich für eine Abwehrreaktion
gegenüber genormtem Verhalten in der Trauer- und Gedenkkultur."
"Dass ich mit meinem einjährigen Freiwilligendienst die Welt nicht
verändern werde, ist mir klar", sagt Katharina Racek. "Aber in einem
gewissen Maß kann ich schon etwas beitragen. Bei jeder Schulklasse,
die zu uns kommt, sind zwei bis drei Leute dabei, bei denen ein
Denkprozess ausgelöst wird. Das reicht schon." (APA)