Wien - Angesichts des massiven Konjunkturabschwungs fordert der Fachverband der Maschinen- und Stahlbauindustrie Österreichs nun eine rasche Novellierung des Arbeitszeitgesetzes. Konkret will die größte heimische Industriesparte, die mit 61.000 Beschäftigten auf einen Produktionswert in Höhe von 193 Mrd. S (14,03 Mrd. EURO) kommt, eine Ausweitung der täglich erlaubten Höchstarbeitszeit von zehn auf zwölf Stunden. Kostenargument Unter Beibehaltung der wöchentlichen Normalarbeitszeit von 40 Stunden sollte die neue Tageshöchstarbeitszeit "so rasch wie möglich" im österreichischen Arbeitszeitgesetz verankert werden und damit für alle Unternehmen gelten. Eine tägliche zwölfstündige Höchstarbeitszeit würde nicht nur die Produktion in Zweischichtbetrieben erleichtern, naturgemäß ist damit auch ein Kostenargument für die Industrie verbunden. Steigt die erlaubte Höchstarbeitszeit, fallen im Gegenzug weniger teure Überstunden an. Während die Arbeitszeitrichtlinie der EU keine tägliche Höchstarbeitszeit, sondern lediglich eine tägliche Mindestruhezeit von elf Stunden pro Tag vorsehe, sei im heimischen Arbeitszeitgesetz die tägliche Höchstarbeitszeit grundsätzlich auf zehn Stunden begrenzt, beklagte Fachverbandsvorsteher Clemens Malina-Altzinger am Montag vor Journalisten. Langfristige Flexibilisierung Schon die flexible Verteilung der Normalarbeitszeit scheitere aber in der Praxis am "Gestrüpp bürokratischer Ausnahmebestimmungen und kollektivvertraglicher Regelungen. "Wir streben daher langfristig eine Flexibilisierung der Arbeitszeit auf betrieblicher Ebene unabhängig von kollektivvertraglichen Regelungen an", sagte Malina-Altzinger. Vorrang sollten dabei Betriebsvereinbarungen haben. In Betrieben ohne Betriebsräten solle eine Flexibilisierung durch Einzelvereinbarungen möglich werden. Gängige Praxis Im Wirtschafts- und Arbeitsministerium von Martin Bartenstein läuft diese Diskussion seit einer Enquete im Sommer. Ministersprecherin Ingrid Nemec sagte zum S TANDARD : "Diese Wünsche kommen durchaus auch von den Betriebsräten. Flexiblere Arbeitszeitformen sind notwendig. In vielen Branchen werden heute Arbeitszeitformen praktiziert, die nicht mehr ganz dem Gesetz entsprechen. Wir wollen das Gesetz der vielerorts gängigen Praxis angleichen." Wenig Gegenliebe beim ÖGB Im Gewerkschaftsbund stoßen die Forderungen der Industrie hingegen auf wenig Gegenliebe. Der Leitende Sekretär im ÖGB, Richard Leutner, sieht "keinen Anlass zu dieser Diskussion". Die Kollektivvertragspartner hätten in verschiedensten Branchen, etwa bei den Metallern, ohnehin "sehr flexible" Durchrechnungs- und Jahresarbeitszeitmodelle eingeführt. Leutner: "Das sollen sich auch weiterhin die Sozialpartner ausmachen. Wir brauchen kein neues Arbeitszeitgesetz." Lohnnebenkostensenkung Neben den Forderungen im Bereich Arbeitsrecht pocht die Maschinen- und Stahlbauindustrie auf die für 2003 versprochene Lohnnebenkostensenkung im Ausmaß von 15 Mrd. S. Darüber hinaus gelte es die geplanten neuen Eigenmittelvorschriften im Bankenbereich ("Basel II") nach US-Vorbild maximal auf ein paar Großbanken und nicht auf den gesamten Kreditapparat in Europa anzuwenden, so Malina-Altzinger. Ansonsten werde Basel II, das ab 2005 gelten soll, zu einem gewaltigen "Rezessionsturbo" und "Mittelstandswürger". Nach einem fast achtprozentigen Wachstum im Vorjahr und nur mehr einem kleinen realen Zuwachs im heurigen Jahr befürchtet der Industriezweig 2002 ein Schrumpfen der Produktion um bis zu drei Prozent. Verbessern werde sich die Auftragslage frühestens im Herbst 2002. Im Maschinenbau-Fachverband sind Firmen wie VAI, Jenbacher, SGP, Plasser & Theurer organisiert. (miba, DER STANDARD, Printausgabe 11.12.2001)