Wien
Den Euro lieben lernen
Was die doppelte Preisauszeichnung mit dem Fahren mit Stützrädern gemeinsam hat...Die wöchentliche Kolumne im Panorama
B. hat uns dann noch viel Spaß gewünscht. Und sich ein bisserl gewundert. Weil, und da ist B. ganz sicher, Geld Gefühlsache ist. Zumindest dort, wo B. herkommt. In Frankreich. Sogar seine Oma, sagt B., habe schon ein gutes Gefühl. Und die sei immerhin über achtzig.Und, hebt B. abwehrend die Hand, man solle ihm jetzt bitte nicht mit so Sachen wie den emotionalen Franzosen und den nüchternen Österreichern kommen. Dabei lächelt er mitleidig: Wir würden schon noch eine Menge Spaß haben. Mit dem Euro-Umrechnen nämlich.
B. ist Reisender. Und deshalb froh über den Euro. Weil er es satt hat, vier Währungen im Börsel zu haben. Aber während er seit einem halben Jahr im frankophonen Raum - bargeldlos - immer öfter per Euro zahlt, begnüge man sich weiter östlich damit, Preise jetzt halt auch in einer zweiten Währung dazuzuschreiben. Ob sich denn irgendwer von uns tatsächlich die Mühe mache, auf die Euro-Preise zu schauen, wenn daneben immer noch Schilling oder Mark stehen?
Mit Stützrädern Fahrrad fahren..
Das sei, meint B. , ungefähr so, als würde man mit Stützrädern Fahrrad fahren - und erst auf der Glockneretappe die Stützen abmontieren. Oder nie ohne Schwimmflügel ins Wasser gehen. Weil so B., das Gefühl für den Wert von X Euro nicht aus dem 13,76-er-Einmaleins komme, sondern aus Alltag und Routine.
In Brüssel, erzählt B., wären die Taxameter längst auf Euro umgestellt. Und an den meisten belgischen Zapfsäulen werde in Euro Benzin verkauft - erst bei der Geldübergabe wird zurückgerechnet. Taschenrechner gegen Taschenrechner. Genau wie in zahlreichen Geschäften oder den Kontoauszügen seiner Bank in Frankreich: Da stehe nur mehr der Endbetrag in Franc. Und, nein, die geringere Höhe der Zahl vor dem Minus auf dem Konto habe seine Gemütsruhe nicht verändert.
Das Zurückrechnen am Ende jeder Rechnung, erzählt B., sei innerhalb weniger Wochen dermaßen nervend gewesen, dass sogar seine Oma schon sehnsüchtig warte, endlich in Euro bezahlen zu dürfen. Er selbst sowieso. Und er gratuliert uns zu dem Mut, ohne Chance auf Trockentraining in ein paar Tagen vom Plansch- ins Wellenbecken zu hüpfen.
Einen Trost hat B. noch: Sein schönstes Euro-Erlebnis sei der Irrtum seines Finanzamtes gewesen. Das hat brav in Euro gerechnet und am Schluss leider nicht mit sechskommairgendwas zum Franc hin multipliziert, sondern nur das Währungslogo getauscht - nicht nur bei B., sondern scheinbar bei halb Frankreich. Fast, meint B., habe er aber den Eindruck, das sei gar nicht unabsichtlich geschehen - sondern war die bisher wohl effizienteste Maßnahme, die neue Währung den Leuten sympathisch zu machen.
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