Islamabad/Peshawar - Die Einsetzung des bisher weithin unbekannten Paschtunen Hamid Karsai als Chef der afghanischen Übergangsregierung sei das Ergebnis eines Kompromisses zwischen dem US-Geheimdienst CIA und der pakistanischen Armeeführung, analysiert der pakistanische Afghanistan-Experte Kamran Khan. Mann der CIA "Karsai ist seit Jahren der Mann der CIA und des (pakistanischen Militärgeheimdienstes) ISI." Karsai habe mehr Zeit in Pakistan verbracht als in Afghanistan und bediene sich der englischen und der Urdusprache öfter als des Paschtu. Noch vor zwei Monaten hätte sich kein Mensch vorstellen können, dass Karsai an die Spitze einer Regierung rücken könnte. Er verfüge jedenfalls über weit mehr Unterstützung in Washington und Islamabad als im eigenen Land, sagt Kamran Khan. 1992 festgenommen Als er in der Mudschahedin-Regierung, die 1992 in Kabul die Macht übernahm, kurzzeitig das Amt des stellvertretenden Außenministers bekleidete, wurde Karsai vom damaligen Geheimdienstchef des Tadschikenführers Ahmed Shah Massud, dem heutigen Nordallianz-Militärchef und Verteidigungsminister General Mohammed Fahim, unter dem Verdacht der Kollaboration mit dem pakistanischen Geheimdienst festgenommen. Es gelang ihm zu entkommen. Wenn Hamid Karsai am 22. Dezember offiziell sein Amt antritt, wird Fahim als Vizepremier und Verteidigungsminister an seiner Seite Platz nehmen. Die Nordallianz hält sämtliche Schlüsselposten in dem Übergangskabinett. Karsai: Bindung an USA wesentliches Element der neuen Regierung Der designierte Interims-Regierungschef in Afghanistan, Hamid Karsai, sieht in einer sehr engen Bindung an die USA ein wesentliches Element seiner künftigen Politik. In einem Interview der "Washington Post" vom Dienstag versicherte Karsai, der am 22. Dezember sein Amt antreten soll, sein Land werde den USA ein "vertrauensvoller Alliierter und Freund" sein, erwarte dies aber auch umgekehrt von Washington. Die USA dürften "nie wieder den Fehler der Vergangenheit" machen und sich von Afghanistan und seinen Menschen abwenden, warnte er im Hinblick auf die Zeit nach dem Abzug der sowjetischen Truppen aus Afghanistan. Karsai, der sich dem Bericht zufolge bei US-Präsident George W. Bush mit einem Brief für die bisherige militärische und politische Unterstützung im Kampf gegen die Taliban bedankte, wiederholte seine Zusage, die verschiedenen bewaffneten Gruppen in Afghanistan zu entwaffnen. "Die Waffen müssen aufhören, das Land zu regieren", sagte er. "Wir müssen sie alle fertig machen" Karsai erklärte weiter, er unterstütze voll und ganz die Bemühungen der USA, Osama bin Laden und Mitglieder seines extremistischen El-Kaida-Netzwerks zu fangen oder zu töten. "Wir müssen sie alle fertig machen, sie vollständig ausbrennen", sagte Karsai, Paschtune und Sohn eines ermordeten bekannten afghanischen Politikers. Den geistlichen Führer der radikal- islamischen Taliban, Mullah Mohammed Omar, nannte Karsai einen "flüchtigen Verbrecher", der vor ein afghanisches Gericht gestellt werden solle. "Omar hat Verbrechen begangen, er hat Tausende Menschen getötet, er hat Weinberge zerstört, er hat mein Land geschlachtet, er hat die Terroristen hergebracht." In einem ersten Schritt vor Beginn seiner auf der Petersberg-Konferenz ausgehandelten künftigen politischen Position hatte Karsai in Kandahar mit den rivalisierenden Kommandeuren dort einen Kompromiss ausgehandelt, der es dem früheren Verwalter der Stadt, Gul Agha, erlaubt, als Stadtkommandant zu fungieren. (APA/Reuters)