Inland
Grüne fordern Wiener "Stadtbürgerschaft" für Drittstaat-Angehörige
Vassilakou empfiehlt Gleichstellung mit EU-Bürgern in Sachen Wahlrecht - Ablehnung von ÖVP und FPÖ
Wien - Die Wiener Grünen haben am Dienstag ein
Maßnahmenpaket zur Verbesserung der Situation von in Wien lebenden
Drittstaat-Angehörigen, zusammengefasst unter dem Begriff "Wiener
Stadtbürgerschaft", präsentiert. Laut Stadträtin Maria Vassilakou
soll das Paket als Verhandlungsbasis mit der Wiener SPÖ dienen. In
Wien leben demnach derzeit etwa 260.000 Personen aus
Nicht-EU-Ländern. Hinsichtlich des kommunalen Wahlrechtes auf Bezirksebene, dessen
Reform Vassilakou im ersten Halbjahr 2002 erwartet, forderte sie eine
wahlrechtsmäßige Gleichstellung von EU-Bürgern und
Drittstaat-Angehörigen. Dies hätte zur Folge, dass auch
Nicht-EU-Ausländer nach sechs Monaten das aktive und passive
Wahlrecht auf Bezirksebene besitzen könnten. Die bisher seitens der
SPÖ vorgesehene Zuerkennung des Bezirkswahlrechtes für
Drittstaat-Angehörige ab acht Jahren lehnte sie ab.
Weiters verlangte sie eine Gleichstellung im Bereich des Wiener
Sozialhilfegesetzes, wie auch die konsequente Öffnung der Wiener
Gemeindebauten. Gemäß eines von ihr vorgestellten Wiener Wohnpaketes
forderte sie die Stadt Wien auf, einen Anti-Spekulationsfonds,
dotiert mit 150 Mill. S (10,90 Mill. Euro) jährlich, einzusetzen.
Ablehnung von ÖVP und FPÖ
Mit Ablehnung haben am Dienstag Vertreter der FPÖ und
ÖVP auf die von der Grünen Stadträtin Maria Vassilakou vorgeschlagene
Wiener "Stadtbürgerschaft" reagiert. Für den Wiener
VP-Integrationssprecher Wolfgang Ulm käme der Vorschlag einer
Abschaffung der Staatsbürgerschaft gleich. FP-Gemeinderat
Heinz-Christian Strache stieß sich vor allem an der Forderung nach
einem aktiven und passiven Bezirkswahlrecht für Nicht-EU-Ausländer
bereits nach sechs Monaten.
"Bei jenen Rechten, die die Grünen hier für Migranten fordern,
handelt es sich fast ausnahmslos um Rechte, die mit dem Erwerb der
Staatsbürgerschaft verbunden sind. Es gibt ja gute Gründe dafür, dass
nicht jeder Zuwanderer diese Rechte schon nach relativ kurzer
Aufenthaltszeit erwerben kann", so Ulm in einer Aussendung. Mit
Vassilakous Vorschlägen zum aktiven und passiven Wahlrecht könne man
beispielsweise nie garantieren, dass es nicht zu
Stellvertreter-Wahlkämpfen ausländischer politischer Kräfte auf
Wiener Boden komme.
Außerdem gelte für ihn der Grundsatz "Wohnrecht vor Wahlrecht"
betonte Ulm. Es wäre es völlig unsinnig und auch unfair, über
staatsbürgerliche Rechte für Migranten nachzudenken, wenn nicht
einmal die Wohnrechte für Zuwanderer auch nur ansatzweise geklärt
seien.
Ureigenes Recht von Staatsbürgern
Für Strache stellt das Wahlrecht ein "ureigenes Recht von
Staatsbürgern" dar. Erst wenn sich jemand dafür entscheide, hier den
Mittelpunkt seines Lebensinteresses zu setzen und auch sämtliche
Voraussetzungen für die Erlangung der Staatsbürgerschaft erfülle bzw.
diese in weiterer Folge auch annehme, stünden den damit in
Zusammenhang eingegangenen staatsbürgerlichen Verpflichtungen auch
entsprechend Rechte gegenüber, so der FP-Gemeinderat.
Strache warnte außerdem vor einer generellen Öffnung der
Gemeindebauten für Ausländer. Es wären dadurch soziale Spannungen zu
erwarten, denn "schon jetzt ist in vielen Wiener Stadtteilen durch
den unkontrollierten Zuzug von Ausländern eine Situation entstanden,
die an Ghettoisierung und Verslumung erinnert".
SP-Yilmaz gegen "Begriffsromantik"
"Die Stadt Wien hat mit ihrer Integrationspolitik
gezeigt, wie erfolgreiche Integration funktionieren kann - da ist die
Einführung von weiteren, neuen Begriffen nur verwirrend und wenig
zielführend", betonte heute, Dienstag, die Wiener SPÖ-Gemeinderätin
Nurten Yilmaz in einer Reaktion auf die Forderungen der grünen
Stadträtin Maria Vassilakou nach einer "Stadtbürgerschaft".
Integrationsarbeit sei "harte Knochenarbeit". Mit "reiner
Begriffsromantik" komme man im Bereich Integration nicht weiter,
meinte Yilmaz in einer Aussendung.
Nachhaltige Integration bedeute auch, den Menschen das Gefühl zu
geben, dass sie in dieser Stadt willkommen seien, so Yilmaz: "Die
Stadt ist dabei mit ihrem vielfältigen Programm auf einem guten Weg."
Zuwanderer, so betonte sie, sollen auch weiterhin bei der
"Wahrnehmung ihrer Lebenschancen" unterstützt werden.
(APA)