Österreich
UNICEF-Report über sexuellen Missbrauch bei Kindern
Millionen Kinder als Sexsklaven - Globalisierung, Krieg, Drogenhandel als Wurzeln der Ausbeutung
Die Weltkinderhilfsorganisation UNICEF forderte
heute, Mittwoch in einer Aussendung einen koordinierten globalen
Einsatz, um die kommerzielle sexuelle Ausbeutung von Millionen
Kindern auszurotten. Anlass ist die Präsentation eines neuen
UNICEF-Reports "Profiting from Abuse", der die Reichweite und
Auswirkung des Problems beschreibt und Aussagen von missbrauchten und
ausgebeuteten Frauen und Kindern enthält. Dieser Report wird im Vorfeld des "Zweiten Weltkongresses gegen
kommerzielle sexuelle Ausbeutung von Kindern" vorgestellt, der vom
17. bis 20. Dezember in Yokohama (Japan) stattfindet. UNICEF
veranstaltet diesen Kongress gemeinsam mit ECPAT International, einer
NGO-Gruppe für die Konvention über die Rechte des Kindes und der
Regierung von Japan.
Untergrund-Netzwerke der Menschenhändler
Die sexuelle Ausbeutung von Kindern finde im Verborgenen statt,
daher sei es extrem schwierig, korrekte Daten darüber zu erhalten,
hieß es. Kinder werden durch die Untergrund-Netzwerke der
Menschenhändler geschleust, die meisten Fälle werden nie bekannt. In
vielen Ländern wird so etwas nicht einmal als Problem anerkannt.
UNICEF schätzt, dass jedes Jahr etwa eine Million Kinder in die
Sexindustrie getrieben wird.
"Millionen Kinder werden rund um die Welt wie Vieh gehandelt und
als Sexsklaven missbraucht", erklärte UNICEF-Direktorin Carol
Bellamy. "Dies ist eine Verletzung der Kinderrechte, die absolut
nicht mehr toleriert werden darf." Absolut keine Toleranz gebe es für
Bellamy beim Handel mit Kindern sowie bei Gefangenschaft und Folter
von Kindern.
Durch Schuldknechtschaft zur Prostitution
In Litauen geht UNICEF davon aus, dass zwischen 20 und 50 Prozent
aller Prostituierten minderjährig sind. Schon elfjährige Kinder
arbeiten in Bordellen, zehn- bis zwölfjährige Kinder aus Heimen
wurden gezwungen, in Pornofilmen mitzuwirken. In Kambodscha habe eine
Befragung von 6.110 Prostituierten in Phnom Penh und weiteren elf
Provinzen ergeben, dass 31 Prozent der Befragten Kinder im Altern
zwischen zwölf und 17 Jahren waren, so die Organisation.
In vielen asiatischen Ländern kommen Mädchen durch die so genannte
Schuldknechtschaft zur Prostitution, darunter Indien, Nepal, Myanmar,
Pakistan und Thailand - die Mädchen müssen die Schulden ihrer Eltern
oder ihres Vormundes abarbeiten, vermeldete UNICEF. Weitere Zahlen:
In Pakistan ergab eine Studie, dass im Durchschnitt alle drei Stunden
mindestens eine Vergewaltigung einer Frau oder eines Kindes
stattfindet. Eine weitere Studie des "India Today magazine" ergab,
dass es in Indien zwischen 400.000 und 500.000 Kinderprostituierte
gibt. Zwischen 1996 und 1998 waren 70 Prozent der
Vergewaltigungsopfer in Südafrika 17 Jahre alt und jünger.
Gefahr durch bewaffnete Konflikte
Die Wurzeln dieser Ausbeutung von Kindern seien u.a. Armut,
Diskriminierung, Krieg, organisiertes Verbrechen, Globalisierung,
Gier, Traditionen und der Drogenhandel, hieß es in dem
UNICEF-Bericht. Bewaffnete Konflikte würden für die Frauen und Kinder
ganz spezielle Risiken hinsichtlich sexueller Ausbeutung und
sexueller Gewalt verursachen. Ihre verzweifelte Lage würde sie in die
Prostitution treiben.
Flüchtlinge seien oft wehrlos den sexuellen Forderungen von
Grenzbeamten, Polizisten und Soldaten ausgesetzt. "In den
Bürgerkriegsländern Kolumbien und Sierra Leone wurden etwa
zwölfjährige Mädchen zum Geschlechtsverkehr mit Soldaten gezwungen,
um ihre Familien zu schützen", hieß es bei UNICEF.
Folgen können zum frühen Tod führen
"Es gibt kaum schockierendere Verletzungen von Kinderrechten als
sexueller Missbrauch und sexuelle Ausbeutung", hielt
UNICEF-Direktorin Carol Bellamy fest. Die Konvention über die Rechte
des Kindes besage, dass jedes Kind das Recht auf Schutz vor
Missbrauch, auf Bildung und auf Spiel und Freizeit hat. "Die Folgen
von sexuellem Missbrauch halten ein Leben lang an, sie können sogar
zum frühen Tod dieser Kinder führen", so Bellamy.
Die Opfer seien auch dem Risiko ungewollter Schwangerschaften,
HIV/AIDS-Infektionen und Geschlechtskrankheiten ausgesetzt, so
UNICEF. Jene kleine Anzahl von Kindern, die es schaffen zu entkommen,
seien mit sozialer Ausgrenzung, Scham, Ablehnung durch die eigene
Familie und Angst vor Vergeltung konfrontiert.
Bildung, um sexuelle Ausbeutung von Kindern zu verhindern
Um das Wohlergehen und den Schutz von Kindern zu fördern, sind
laut UNICEF Gesetze notwendig. Diese müssen mit harten Strafen für
die Täter verstärkt werden. Weiters müssen Alternativen gefunden
werden, damit Kinder und ihre Familien in Würde leben können. Bildung
sei ausschlaggebend, um sexuelle Ausbeutung von Kindern zu
verhindern, so UNICEF. Bildung gebe den Kindern die Kraft, sich
selbst zu schützen, und Schulen können wichtige Aufklärungsarbeit
leisten.
UNICEF bekämpft die Wurzeln von Kindesmissbrauch mit
Bildungsprogrammen, Information und Lobbying für Kinderrechte. Die
Organisation unterstützt Programme, die den Gemeinden dabei helfen,
ihre Kinder zu schützen. UNICEF setze sich für strenge Gesetze und
deren Anwendung ein. In Kambodscha konnten so 148 Opfer aus Bordellen
gerettet werden. In Albanien führt UNICEF Reintegrationsprogramme für
Straßenkinder durch - 80 Prozent dieser Kinder wurden in Griechenland
oder Italien ausgebeutet. (APA)