Inland
Novum-Prozess: Verbleib wichtiger Akten unklar
SED- Mitarbeiter berichtet von Manipulationen
Berlin - Vor dem Berliner Oberverwaltungsgericht ist am
Dienstag das Berufungsverfahren um das Vermögen der ehemaligen
Ostberliner-Außenhandelsfirma Novum mit dem vierten Verhandlungstag
fortgesetzt worden. Bei dem Verfahren geht es um die Frage, ob die
österreichische Alleingesellschafterin der Firma Novum, Rudolfine
Steindling, zu DDR-Zeiten als Treuhänderin für die KPÖ oder für die
SED tätig gewesen ist. Nach Ausgang des Verfahrens fällt das auf bis
zu 500 Millionen Mark (256 Mill. Euro/3,52 Mrd. S) geschätzte
Vermögen an die KPÖ oder an die Bundesanstalt für
vereinigungsbedingte Sonderausgaben (BvS) fallen. Ein Gericht erster
Instanz hat bereits zugunsten der KPÖ entschieden, die BvS legte
jedoch Berufung ein. Am vierten Verhandlungstag wurde der Prozess mit der Einvernahme
der Zeugen fortgesetzt. Vor das Gericht traten ehemalige Mitarbeiter
des SED-Wirtschaftsbetriebs Zentrag, die zu dem Verbleib und dem
Inhalt der Akte über "Novum" aussagen sollten. Die Zeugen waren schon
einmal in erster Instanz gehört worden. Die BvS hatte in der
Zwischenzeit jedoch Anschuldigungen über Aktenmanipulationen und
Zeugenbeeinflussung vorgebracht.
Suche nach dem Aktenordner
Nach der Aussage einer ehemaligen Mitarbeiterin der
Rechtsabteilung von Zentrag, habe ihr damaliger Vorgesetzter Anfang
der neunziger Jahre von ihr verlangt, ihm einen Aktenordner
auszuhändigen, von dem sie wusste, dass er Gesellschafterakten
beinhaltete, einschließlich Unterlagen über "Novum". Der Vorgesetzte
begründete seine Forderung dadurch, der Aktenordner werde von einem
der Generaldirektoren (Geschäftsführer), Herrn Windecker, gebraucht.
Näheres über den Inhalt der Akte kannte die Zeugin laut eigener
Aussage nicht, obwohl sie selbst die betreffenden Unterlagen
zusammengeheftet hatte. Bei den Gesellschafterakten ging es normaler
Weise um Treuhandurkunden, notarielle Beglaubigungen und ähnliche
Papiere; ob darin auch ein Gesellschaftsvertrag enthalten war, blieb
unklar. Auch sei im nachhinein kein Inhaltsverzeichnis des
betreffenden Aktenordners gefunden worden, obwohl üblicherweise
solche Verzeichnisse für jeden Ordner ausgestellt wurden. Nach dem
Ordner hatte auch die Staatsanwaltschaft 1992 vergeblich versucht.
Das Verfahren zu "Novum" wird am Freitag fortgesetzt. Es soll dies
der letzte der anberaumten Verhandlungstage sein, es ist jedoch
anzunehmen, dass der Prozess länger dauern wird. (APA)