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Josef Penninger

Foto: Archiv
Wien - "Wir haben das umgetauft auf ,Institut für molekulare Biotechnologie der Akademie der Wissenschaften', aber die Abkürzung IMBA verwenden wir weiter." Die Rede ist von einer Gesamtinvestition von 300 Millionen Schilling (21,8 Mio. Euro). Wer so etwas umtauft, ist kein Sponti, sondern von der ehrgeizigsten Forschungsinitiative seit langem: Josef Penninger, designierter IMBA-Direktor. Seine Zielvorgabe: Wien soll Weltspitze in Biomedizin werden. "Wie Harvard", sagt Penninger. Die ursprüngliche Bedeutung von IMBA - ,Institut für Molekulare und Zelluläre Bioinformatik' - wurde fallen gelassen. Um das hohe Ziel zu erreichen, überlassen es die IMBA-Gründer Akademie der Wissenschaften und Institut für Molekulare Pathologie (IMP) Josef Penninger, das neue Institut mit Inhalt zu füllen. Und der Oberösterreicher, Krebsforscher des Biotech-Riesen Amgen und Immunologe am Princess-Margaret-Spital in Toronto, Kanada, bekommt bei seiner Rückkehr nach über zehn Jahren im Ausland (DER STANDARD berichtete) nicht wenig: freie Hand beim Forschen, freie Hand beim Personal, freie Hand beim Arbeitsstil. "Tabula rasa" nennt Penninger das mit Befriedigung. Die mag auch am Jahresbudget liegen: rund 100 Millionen Schilling (7,3 Mio.EURO). Selbst bei der Innenausstattung des Institutsgebäudes, das ab Spätwinter in Wien-Landstraße neben dem IMP hochgezogen wird, redet der 37-Jährige mit. "Wir diskutieren gerade", schmunzelt Penninger, "wo der Wasserfall hinkommt." Der Sohn eines Innviertler Bauern gilt nicht wenigen als nobelpreisverdächtig, war es doch seine Gruppe, die das Gen für den Zelltod identifiziert, den genetischen Hintergrund für Autoimmunkrankheiten erhellt hat. Als bedeutendste Erkenntnis bezeichnet er ein Gen mit Namen OPG-Ligant, somit das Protein, das den Knochenabbau steuert. "Weil wir jetzt wissen, wie wir das abschalten können. Wenn das gelingt, gibt es keine Osteoporose mehr. Das sind 300 Millionen Betroffene auf der Welt"; neueste Erkenntnisse geben auch bei rheumatoider Arthritis und Zahnausfall Hoffnung. Und was nimmt sich Penninger mit dem IMBA vor? Im Gespräch mit dem STANDARD nennt er erstmals die Schwerpunkte: "Die Grundidee ist, dass wir genetische Modelle entwickeln, die direkte Humanrelevanz haben, im Speziellen für Herzkrankheiten und Krebs." Aber es wäre nicht Penninger, wäre er nicht offen für anderes: "Man soll ja nie etwas ausschließen. Wenn brillante junge Leute kommen, die über Würmer arbeiten wollen, zum Beispiel Gene finden wollen - warum nicht?" Solange es dem Ziel "Weltspitze" dient . . . Der Principal Investigator bei Amgen möchte seine Kontakte nützen, um weltweit "die besten" Forscher für das IMBA zu gewinnen: "Ich will wirklich, dass das der Ort wird, wo jeder vorbeischauen will." Insgesamt entstehen 120 bis 150 Arbeitsplätze mit befristeten Verträgen. "Damit man immer frisches Blut hereinkriegt", sagt Penninger. Von Anfang an sollen mit dem IMP, dem Grundlageninstitut von Boehringer Ingelheim, Synergien genutzt werden. "Ich denke", sagt Penninger ruhig, "in fünf, zehn Jahren wird der Standort blühen." Gestern tat auch die Stadt in Gestalt des Bürgermeisters Michael Häupl das ihre dazu mit dem Spatenstich für einen zusätzlichen Labor- und Bürobau am so genannten Vienna Bio-Center Campus, Fachhochschule inklusive. Geplante Baukosten: 160 Mio. S (11,6 Mio. EURO). Die Mission soll nicht zuletzt durch "die Kultur von nordamerikanischer Wissenschaft" (Penninger, siehe Interview) erfüllt werden, ein offeneres, flexibleres, weniger hierarchisches Konzept als landesüblich. "Wir werden zehn Gruppen haben und drei Seniorgroups." Kritik mehr als erwünscht Das wissenschaftliche Programm soll durch externe Forscher evaluiert werden. "Es ist ganz essenziell", erklärt Penninger, "dass Topleute ohne persönlichen Agendas ganz objektiv reinschauen und sagen, das passt nicht, das ist gut, das ist exzellent. Leute, die ständig korrigieren." "Wissenschaft ist nur gut, wo Leute kritisch sind", ist eines von Penningers Credos, die so beiläufig daherkommen, als wären sie selbstverständlich. "Man muss die Siebenjährigen reinkriegen. Die müssen ganz skeptisch sein, aber auch verstehen, warum wir das tun. Wir wollen da ja nicht was in unserem Glasturm tun." Von Turm kann übrigens keine Rede sein. Das Siegerprojekt eines EU-weiten Wettbewerbs fügt sich in standortübliche Bauhöhe. Es stammt vom Wiener Architekten Boris Podrecca. Die Baukosten für den IMBA-Bau kommen von Akademie und Stadt Wien, die auch noch für das Grundstück sorgt, wie Gerhard Schadler, Projektverantwortlicher der Akademie erläutert. Diese richtet auch gleich ihr Institut für Zell- und Entwicklungsbiologie im selben Gebäude ein. Im Herbst 2003 soll IMBA feierlich eröffnet werden. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12.12.2001)