Berlin - Der deutsche Innenminister Otto Schily (SPD) hatdas Verbot des islamistischen "Kalifatsstaats" als Warnsignal anvergleichbare Gruppierungen in Deutschland bezeichnet. Es müssedeutlich gemacht werden, dass solche extremistischen Vereinigungen inDeutschland keinen legalen Raum beanspruchen dürften, unterstrichSchily am Donnerstag im ZDF. Das am Mittwoch von der Polizei mitbundesweiten Razzien durchgesetzte Verbot richte sich jedoch nichtgegen Moslems im allgemeinen: "Die meisten Moslems, die inDeutschland leben, sind friedfertige Menschen", betonte der Minister. Nach den Worten von Niedersachsens Innenminister Heiner Bartling(SPD) wurden bei den Durchsuchungen von Einrichtungen des"Kalifatsstaats" Unterlagen gefunden, die das radikal-islamischeGedankengut der Organisation belegen. Bei dem bundesweitenPolizeieinsatz sei nach weiteren Beweisen dafür gesucht worden, dassdie Mitglieder des "Kalifatsstaats" gegen andere Staaten agitieren,"gegen das friedliche Zusammenleben der Völker, und das auchaggressiv-kämpferisch", sagte Bartling im NDR. "Und solche Unterlagensind festgestellt worden, sind auch beschlagnahmt worden." Allerdingsseien die Beweismittel gegen die Organisation des inhaftiertenIslamistenführers Metin Kaplan noch nicht abschließend ausgewertet. "Kalifatsstaat" überwies Gelder in die Niederlande Die in Deutschland jetzt verboteneislamistische Organisation "Kalifatsstaat" des selbst ernanntenextremistischen "Kalifen" Metin Kaplan hat zuvor Gelder an ihre inder niederländischen Stadt Dordrecht gegründete Stiftung "Dienarenaan Islam" ("Diener des Islam") überwiesen. Damit habe man einemetwaigen Verbot in Deutschland vorbeugen wollen, berichtete derniederländische Verfassungsschutz (BVD) schon 1998 in einem "Berichtüber den politischen Islam". Ein BVD-Sprecher wollte am Donnerstag keine Summe nennen. DerSicherheitsdienst hatte damals die Zeit der aktiven Mitglieder derKaplan-Bewegung in den Niederlanden auf 200 geschätzt. Später hießes, dass es um die Stiftung still geworden sei. Zwei Abgeordnete derSozialdemokratischen Partei der Arbeit (PvdA) im Parlament in DenHaag nahmen die Beziehungen zwischen der Kaplan- Bewegung und derStiftung in Holland am Donnerstag zum Anlass für schriftliche Fragenan Innenminister Klaas de Vries. "Ist Ihnen bekannt, dass die deutsche Regierung dieniederländische Stiftung ausdrücklich als finanzielles Rückgrat derAktivitäten des Kalifatsstaates bezeichnet?", wollten die beidenMitglieder des Innenausschusses wissen. Außerdem fragten dieParlamentarier, was Den Haag nach dem Verbot des "Kalifatsstaates"mit der niederländischen Stiftung zu tun gedenke. Wann die Antwortendes Ministers vorliegen sollen, war am Donnerstag noch unklar. Niederlande wollen "Kalifatsstaat" nicht verbieten Einen Tag nach dem Verbot derradikalislamischen Organisation "Kalifatsstaat" in Deutschland hatder niederländische Geheimdienst erklärt, er überwache dieseGruppierung schon seit Jahren. Ein Verbot des "Kalifatsstaats" undder damit verbundenen Gruppe "Diener des Islams" in den Niederlandensei aber nicht geplant. "Sie verhalten sich gemäß denniederländischen Gesetzen. Wenn sie das weiterhin tun, gibt es keineProbleme", sagte der Sprecher des Geheimdienstes, Vincent van Steen,am Donnerstag und verwies auf die in der Verfassung verbrieftenRechte. Der niederländische Geheimdienst hält nach dem Verbot inDeutschland den Umzug der Organisationszentrale von Köln in dieNiederlanden für möglich. Den Behörden sind den Angaben zufolgebisher rund 200 Mitglieder der beiden islamistischen Vereinigungen inOss, Tilburg und in Utrecht bekannt. (APA)