Wien - Mit einem Hamster verbinden die meisten Menschen den
mausgroßen, exotischen Goldhamster, der in unseren Breiten nur in
menschlicher Obhut gedeiht. Doch still und heimlich erobern die wild
lebenden, etwa meerschweinchengroßen Feldhamster mitteleuropäische
Städte. Selbst auf Friedhöfen tummeln sich die putzigen Nagetiere.
Wenn dann der Allerheiligenschmuck im Hamsterbau landet, gibt's Unmut
unter den Besuchern, berichtete Hamsterforscherin Eval Millesi,
Professorin am Institut für Zoologie der Universität Wien.
Der Feldhamster gehört zu den bedrohten Tierarten, er wird in der
Broschüre "Rote Listen gefährdeter Tiere Österreichs" (Grüne Reihe
des Umweltministeriums) als "gefährdet" geführt. Umso erfreulicher
ist es, dass immer öfter Berichte über Hamsterpopulationen in Städten
und in unmittelbarer Nähe des Menschen bekannt werden. In mehreren
deutschen Städten - darunter in der Metropole Frankfurt - fühlen sich
die Nager mittlerweile wohl, Ähnliches gilt laut Millesi für
Tschechien.
Erstaunliche Entdeckungen in Wien
Bei ihren Untersuchungen an einer Hamsterpopulation in den
Grünanlagen einer Wohnhausanlage in Wien-Favoriten kam Millesi zu
erstaunlichen Entdeckungen. So sind die Tiere - wenn die Bedingungen
passen - offenbar äußerst fruchtbar. "Ein Weibchen wirft pro Jahr
drei- bis viermal Junge, das ist für Winterschläfer äußerst
ungewöhnlich", so die Wissenschafterin. Murmeltiere oder Ziesel, die
ebenfalls einen Winterschlaf halten, sind dagegen nur einmal im Jahr
fortpflanzungsfähig, und zwar meist gleich im Frühling.
Dazu kommt, dass junge Feldhamster bereits im ersten Jahr
geschlechtsreif werden und ihrerseits Junge bekommen können. Die
Tiere sind in ihrem Verhalten sehr anpassungsfähig: Geht es den
Weibchen sehr gut, wird die Schwangerschaft abgekürzt, auch die Dauer
der Stillperiode wird an die Befindlichkeit der Mutter geknüpft.
Millesi vermutet, dass die sprichwörtliche Vorratswirtschaft der
Hamster die hohen Vermehrungsraten ermöglicht. Die Vorratskammern
werden in den Höhlensystemen angelegt, welche die Hamster anlegen.
Als Nahrung wird vegetarische Kost - Grünzeug und Sämereien -
bevorzugt, aber auch Würmer und Insekten verschmähen die Hamster
nicht.
Klassischer Kulturfolger
Der Feldhamster gilt als klassischer Kulturfolger. Ursprünglich in
Steppen- und Trockenrasengebieten zu Hause, hat er sich offenbar mit
dem Menschen arrangiert, zuerst mit seinen Äckern und Feldern und nun
mit den Städten. Wichtigste Voraussetzung für das Gedeihen einer
Hamsterpopulation ist dabei halbwegs weicher Boden, worin die Tiere
ihre Gangsysteme graben können.
Neben der hohen Vermehrungsrate erstaunt die Wissenschafter das
veränderte Verhalten der Hamster in der Stadt. Bisher galten vor
allem die Männchen als ungesellig und mit dementsprechend großen
Revieren. Aber unter den Bedingungen in der Stadt rücken die Tiere
offenbar freiwillig enger zusammen. Millesi rät Gartenbesitzern, die
Feldhamster in ihrem Refugium sichten, diese einfach in Ruhe zu
lassen. Füttern sei nicht anzuraten, da häufig die falschen
Nahrungsmitteln verabreicht werden und die Populationen
zu groß werden könnten.
(APA)