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Wien - Friedrich Forsthuber, Pressesprecher im Wiener Straflandesgericht, spricht von "Blockade" und einem "Stillstand der Rechtspflege": Seit heute, Mittwoch, sind sämtliche im Grauen Haus erstellte Kopien mit zwei mehrere Zentimeter dicken schwarzen Balken versehen, auf denen der Schriftzug "LG f. Strafsachen Wien" sowie die Bezeichnung des betreffenden Kopierers prangt. "Ein Schildbürgerstreich! Ein Skandal, wie wir uns damit nach außen verkaufen", zerriss Forsthuber die vom Justizministerium angeordnete Maßnahme förmlich in der Luft. Mehrere Anwälte haben sich bei der Pressestelle schon lautstark beschwert: Es grenze an Frechheit, wenn man bei der kostenpflichtigen Kopierstelle derart verunstaltete Duplikate bekomme. Die Verteidiger sind darauf angewiesen, sich Aktenkopien zu beschaffen, um sich auf die Verhandlungen entsprechend vorbereiten zu können. Pro Blatt werden ihnen dafür immerhin fünf Schilling (0,363 Euro) in Rechnung gestellt. Unleserlich Forsthuber hat Verständnis für ihren Unmut: "Sie ärgern sich zu Recht. Stellen Sie sich vor, man kopiert etwa das Gutachten eines Buchsachverständigen und kann die halben Zahlen nicht ordentlich lesen." Die Kopierer seien entsprechend manipuliert worden, nachdem im Ministerium bereits seit einigen Monaten ebenfalls nur mehr entsprechend markierte Kopien ausgegeben werden, wusste Forsthuber. Unverständlich Im Justizministerium versteht man die Aufregung nicht. Das Ganze diene nicht dazu, um allfälligen "Privatkopierern" das Handwerk zu legen, betonte Präsidial-Sektionschef Wolfgang Fellner. "Der Grund ist, dass in letzter Zeit immer wieder der Vorwurf an die Justiz ergangen ist, dass unberechtigte Ablichtungen herausgehen. Dass die Justiz Aktenteile, die von uns stammen, weitergibt", erklärte Fellner. Mit der nunmehrigen Maßnahme ließen sich zukünftig sämtliche Kopier-Vorgänge rückverfolgen und damit die Anschuldigungen entkräften. Deswegen werde man die Querbalken-Markierungen auch nach und nach an allen anderen Gerichten und Dienstellen einführen, kündigte Fellner an: "Auch der Rechnungshof bedient sich dieser Methode." Eine "Beeinträchtigung der Lesequalität" sei dadurch mit Sicherheit nicht gegeben, betonte der Sektionschef. Im Landesgericht Wien habe man offensichtlich "die Farbe zu stark eingestellt" - ein Fehler des dort zuständigen Sachbearbeiters. (APA)