Gröden – Dieter Bartsch, steirischer Cheftrainer der Schweizer, und Toni Giger, Salzburger Cheftrainer der Österreicher, sind ausnahmsweise einmal einer Meinung. Sie sitzen in einem Boot. Und in diesem geht es einerseits darum, Freiwillige dahingehend zu instruieren, so schnell wie möglich einen Berg hinunterzurasen, und andererseits darum, darauf zu schauen, das Risiko zu minimieren. Auszuschalten ist es ohnehin nicht.

Sicherheitsdiskussionen im Grödnertal

Lange saßen die Trainer aller Länder im Grödnertal zusammen, um die Sicherheitsaspekte zu diskutieren. Im Vordergrund standen die Netze. Schließlich hat Silvano Beltrametti in Val d'Isère eines mit den Skikanten zerschnitten, er stürzte ungebremst durch, brach sich das Kreuz und ist gelähmt. Das Netz wurde von lokaler Organisation und Polizei konfisziert. Bartsch, der den Verdacht hegt, dass mit dem Material etwas nicht in Ordnung war, hat sich sicherheitshalber eine Probe mitgenommen. "Vor Zeugen, damit es niemand abstreitet."

Keine Netzkontrolle von Seiten der FIS

Es gibt verschiedene Hersteller von Sicherheitsnetzen und diese in verschiedenen Preisklassen. Günther Hujara, Renndirektor der FIS: "Die FIS kontrolliert die Netze nicht." Weshalb er bei der Mannschaftsführersitzung auch nicht die Fragen von Bartsch und Giger nach etwaigen Prüfsiegeln beantworten konnte. Die Beschaffung ist Angelegenheit der lokalen Organisatoren. Erich Demetz, Präsident des Grödener Skiclubs, der viele Jahre den OK-Chef hier machte, ehe ihn heuer in dieser Funktion Tochter Stefania beerbte: "Wir haben heuer 70 Prozent der Netze erneuert." Insgesamt stehen entlang der Saslong mehr als 6,5 km Netze. 1988 waren es 800 Meter.

TÜV für Netze?

Anliegen der Trainer ist es, eine allgemein gültige Norm zu finden. Bartsch: "Das ist eine Angelegenheit für Experten. Wir sind das nicht. Die FIS sollte Qualitätsnormen erstellen lassen." Etwa von einem unabhängigen TÜV. "Dass man sagt, dass das Schicksal gewesen ist, ist nicht genügend", meint der Beltrametti-Trainer. Auf der Saslong hängt auch ein altes Netz aus Val d'Isère. Bartsch: "Es befindet sich aber an einer Stelle, wo wir Trainer gar kein Netz gefordert hätten."

Feind im Schatten

Ein Anliegen von Herrn Giger wurde gestern schon umgesetzt. Die Ideallinie ist mit blauer Lebensmittelfarbe markiert. Die Österreicher machen dies im Training schon seit drei Jahren. Giger analysierte sieben schwere Stürze, darunter jenen Beltramettis. Die Ursache war jedes Mal, dass die Läufer im Schatten eine Unebenheit übersahen. Bisher wurden Baumnadeln gestreut. Doch nicht auf der Ideallinie, was bremst, sondern am Rande der Strecke. Die in Schlangenlinien aufgetragene Lebensmittelfarbe soll fortan die Pisten in jedem Bewerb zieren und vor allem neuralgische Stellen ausweisen. Quasi eine Vorbeugung gegen den Flug ins Netz. Wie dieses eine Vorbeugung gegen das Wirken der Rettungskräfte ist. 75 Personen und zwei Hubschrauber sind zu diesem Zweck im Einsatz. Gestern kamen alle 74 Fahrer heil im Ziel an. (DER STANDARD-Printausgabe, Donnerstag, 13.12.2001, Benno Zelsacher)