Wien - Die Ermittler haben neue Erkenntnisse zum dringenden BSE-Verdachtsfall in Groß-Höbarten: "Zwei DNA-Gutachten belegen, dass Kopf und Körper der BSE-Kuh zusammengehören", erklärte der Kremser Staatsanwalt Karl Reinberg dem STANDARD . Ein weiteres Gutachten besage, dass das Rind definitiv aus dem Stall in Groß-Höbarten 11 kommt. "Auch die Generationen vor der betroffenen Kuh sind aktenkundig", so der Staatsanwalt. Damit sei sicher, dass das Tier dem Bauern nicht untergeschoben worden ist.

Die Staatsanwaltschaft hat bisher allerdings noch keine Erklärung dafür gefunden, warum die Ohrmarken zweier im Schlachthof Martinsberg getöteter Rinder nicht mehr aufzufinden sind. "Die steckten ja in dünnem Gewebe, da können sie schon einmal ausreißen", so Reinberg.

Dass das Fleisch eines Jungstieres, der von dem BSE-Hof stammt und ebenfalls in Martinsberg geschlachtet wurde, noch vor dem Ergebnis eines BSE-Tests in den Handel gelangte, ist laut Staatsanwaltschaft nicht strafrechtlich relevant. Im Nachhinein habe sich ja herausgestellt, dass der Test negativ ausgefallen sei. Dennoch nahm ein Handelskonzern das Fleisch, vorsichtshalber, aus dem Regal.

Obwohl die Ergebnisse der Tests in den Referenzlabors in der Schweiz und England (sie machen aus dem 100-prozentigen Verdachtsfall einen tatsächlichen BSE-Fall) am Mittwoch noch immer nicht feststanden, gab es im Plenum des Nationalrates einen harten Schlagabtausch zum Thema.

Landwirtschaftsminister Wilhelm Molterer (VP) versicherte, dass die flächendeckenden Kontrollen bei Rindern über 30 Monaten aufrechtbleiben. Gesundheitsminister Herbert Haupt (FP) gab bekannt, dass er Nachschulungen der Fleischuntersuchungsorgane angeordnet hat. Freilich seien "trotz Überkontrolle menschliche Irrtümer nicht auszuschließen". Er wolle "das System aber so sicher machen, dass bei menschlichem Irrtum durch gentechnologische Nachuntersuchung eine zweifelsfreie, auch vor Gericht haltbare Zuordnung aller Proben möglich ist".

Der Gesundheitsminister versicherte zudem, dass sonstige geschlachtete Tiere aus der Risikogruppe und dem Betrieb zurückgeholt worden seien. Das betraf sechs Jungrinder, die in der Nacht vor dem festgestellten BSE-Verdacht aus dem Schlachthaus abgeholt wurden.

SP-Umweltsprecherin Ulli Sima kritisierte indes die geringe Probenanzahl bei der Untersuchung von Rinderfutter auf Tiermehl. Nur 437 Rinder-Futtermittel-Proben wurden in Österreich laut einer aktuellen Anfragebeantwortung des Landwirtschftsministers gezogen. "Da davon ausgegangen wird, dass Tiermehl im Futter von Wiederkäuern BSE auslöst, ist diese geringe Probenanzahl mehr als bedenklich", sagte Sima.

Der Landwirtschaftssprecher der Grünen, Wolfgang Pirklhuber, warf Molterer und Haupt eine "Verharmlosungsstrategie" vor. Der Verlust der Ohrmarken sei "skandalös und ungeheuerlich". Denn die Kennzeichnung und damit eindeutige Identifizierung der Rinder sei die unabdingbare Voraussetzung für wirksame Maßnahmen gegen BSE.

"Unsere Bemühungen haben sich gelohnt, die lückenlosen BSE-Tests funktionieren", hieß es unterdessen bei der Landwirtschaftskammer. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 13.12.2001)