Spartenkanäle schärfen die selektive Wahrnehmung. Normalerweise zum Beispiel kommt mir persönlich kein Kinderfernsehen ins Haus. Was wenig mit einer grundsätzlichen Antipathie zu tun hat und alles mit meinem Alter.Ausnahmeerscheinungen gibt es aber immer, weshalb hier heute von einer Serie die Rede sein wird, die in den vergangenen Monaten erfreulicherweise im Nachmittagsprogramm von Super-RTL auftauchte und von dort nun, nach Ausstrahlung der ersten Staffel, vorübergehend wieder abgezogen wurde (Nachschub kommt!). Die Serie heißt "Angela Anaconda" und handelt von einer kleinen Kanadierin mit losem Mundwerk und dem Ungemach, das ihr Kolleginnen und Vorgesetzte - also Mitschülerinnen und LehrerInnen - täglich bereiten. Abgesehen von der feinen Bösartigkeit, die sich hier austoben darf, ist "Angela Anaconda" aber auch, wie man so sagt, visuell sehr ansprechend gestaltet: Die Serie, eine kanadisch-US-amerikanische Koproduktion, ist eine Art von (digitaler) Legeanimation. Also ziemlich zweidimensional und wackelig - und bunt. Die Schulkinder balancieren ihre großen Köpfe mit den beweglichen Haarteilen auf dünnen Hälsen und zarten Körpern, und die Vorstadtsiedlung mit ihren Zierbäumchen und Gartenzäunen sieht aus wie eine schräge Buntpapierbastelei. Wenn dieses Cartoonkleinod wieder auftaucht, werde ich es deshalb gerne kundtun. Oder, wie es zu meiner Zeit immer hieß, lautstark bekannt geben: "Achtung, jetzt kommt ein Karton!" (irr) - DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 13.12.2001