Sorgen dürfte das vor allem dem Gastgeber Guy Verhofstadt bereiten. Der belgische Premier und amtierende EU-Ratspräsident hat sich vor allem mit seiner "Erklärung von Laeken" eine Menge vorgenommen. In seiner ambitonierten Vorlage für dieses Rahmenprogramm künftiger EU-Reformen hat er vor allem den Regierungen in Großbritannien, Skandinavien und auch in Frankreich offenbar zu viel an europäischem Vereinigungsdrang zugemutet - "EU-Verfassung" ist da nur eines der Reizwörter. Deshalb wird auch die Debatte zur "Zukunft Europas" wohl länger als veranschlagt dauern.
Auch die Massendemonstrationen, die um den Gipfel herum stattfinden sollen, machen Verhofstadt seine Gastgeberrolle nicht leichter. Die Erinnerung an die Krawalle in Genua ist noch frisch. Schon am Donnerstag marschierten Zehntausende Gewerkschaftsanhänger aus ganz Europa in Brüssel für mehr soziale Gerechtigkeit in der Union. Hinzu kommt, dass auch einzelne Mitgliedstaaten vom Gipfel feierliche Erklärungen zu ihren eigenen Sorgenthemen wünschen und damit den Zeitplan strapazieren. Allen voran Österreich, das den Transitvertrag und die nukleare Sicherheit am Freitagnachmittag auf den Konferenztisch legen will.
Auf Verständnis hoffen darf Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, soweit er vor einer Verkehrslawine nach der EU-Erweiterung warnt. Schon beim Juni-Gipfel in Göteborg konnte Österreich eine Erklärung erwirken, wonach es erforderlich sei, "den Anstieg des Verkehrsaufkommens deutlich vom BIP-Wachstum abzukoppeln". Von Laeken wünscht Schüssel sich Konkreteres: Er möchte eine Erklärung über die Eckpunkte einer Nachfolgeregelung für das 2003 auslaufende Ökopunktesystem mit heimbringen.
Verkehrsfragen
Wien wünscht sich, dass die EU-Partner in Laeken der EU-Kommission den Auftrag erteilen, eine Übergangsregelung bis zum Inkrafttreten der neuen EU-Wegekostenvorschriften 2005 zu erarbeiten. Die EU-Verkehrskommissarin Loyola de Palacio will damit nämlich so lange warten, bis ihr die Staaten einen entsprechenden Rahmen vorgeben.
Wie dieser nach den Wünschen der EU-Beitrittskandidaten aussähe, ist in Brüssel bekannt: möglichst großzügig. Doch noch haben die zwölf Erweiterungsländer und die Türkei noch nichts mitzureden bei den Beschlüssen der Union. Auch wenn ihre Regierungschefs am Samstag mit ihren 15 EU-Kollegen gemeinsam zu Mittag essen dürfen.
Anlass genug für die österreichische Außenministerin Benita Ferrero-Waldner, in einer schriftlichen Erklärung am Donnerstag für ein "Wir-Gefühl" zu werben. Um dieses entwickeln zu können, sollten die Kandidaten von Anfang an eng in die Zukunftsdebatte Europas eingebunden werden, meint Ferrero-Waldner. Im Konvent, der die Reformideen ausarbeiten soll und in Laeken eingesetzt werden wird, würden die Erweiterungsstaaten einen Beobachterstatus mit Rederecht bekommen, so die Ministerin. An Abstimmungen könnten sie dort teilnehmen, sobald sie jeweils ihren Beitrittsvertrag unterzeichnet haben.