Klagenfurt – Droht in Kärnten ein neuer – zumindest verbaler Ortstafelsturm? Landeshauptmann Jörg Haider und die FPÖ ließen am Tag nach der brisanten Entscheidung des Verfassungsgerichtshof, der die geltende 25-Prozent-Klausel für die zweisprachige Ortstafelregelung als verfassungswidrig aufhob, nichts unversucht, Öl ins Feuer zu gießen.

Haider drohte offen mit einer Volksbefragung, um die seiner Meinung nach "politische Entscheidung" der Höchstrichter zu "korrigieren". Diese solle kärntenweit durchgeführt werden, wobei Haider "keine demokratiepolitischen Bedenken" sieht, die Mehrheitsbevölkerung über Grundrechte der Volksgruppe abstimmen zu lassen. Er werde auch der Bundesregierung vorschlagen, die "falsche Entscheidung" durch ein Verfassungsgesetz zu korrigieren, kündigte Haider an: "Glaubt man denn wirklich, wir werden die Aufstellung weiterer 300 bis 400 zweisprachiger Ortstafeln akzeptieren?"

Die Volksgruppe wiederum will er mit der Wahl unter Druck setzen: Entweder sie verzichtet auf die durch den VfGH bestätigte Ausweitung der Ortstafeln, oder Kärnten werde sich "sklavisch" an die Einhaltung des Volksgruppengesetzes 1976 halten. Was laut Haiders Interpretation bedeuten würde, dass alle "darüber hinausgehenden Vereinbarungen mit der Volksgruppe" wie zweisprachige Kindergärten, slowenische Sendungen im ORF und sogar die Frage gemischter zweisprachiger Schulen gegenstandslos seien. Er denkt auch an eine "geheime Minderheitenfeststellung".

"Faschingsscherz"

Den Beschwerdeführer der Kärntner Slowenen, Rudi Vouk, der die Entscheidung des VfGH wegen eines Verkehrsdeliktes ausgelöst hatte, bezeichnete Haider "als gefährlichen Zündler und hasserfüllten Scharfmacher". Er habe seiner Volksgruppe einen "Bärendienst" erwiesen. Haider will den Dialog mit jenen Volksgruppenvertretern am "runden Tisch" weiterpflegen, die statt "Konflikt, Konsens mit uns suchen".

Die beiden slowenischen Zentralorganisationen Rat und Zentralverband sowie die slowenische Einheitsliste (EL) betonten, dass der Entscheid des VfHG umzusetzen sei: Kein Politiker könne sich über das Höchstgericht hinwegsetzen. Vouk will wegen Haiders Äußerung, das VfGH-Urteil sei ein "Faschingsscherz" die Staatsanwaltschaft einschalten und überlegt auch eine Privatklage. Die grüne Minderheitensprecherin Terezija Stoisits bezeichnete Haiders Äußerungen als "Anschlag auf die verfassungsmäßig garantierten Rechte der Minderheiten."

Die Kärntner SPÖ forderte die Bundesregierung zur "Behutsamkeit" auf, VP-Chef Georg Wurmitzer einen Drei-Parteien-Konsens. (stein) (DER STANDARD, Printausgabe, 15.12.2001)