Noch nie war es so leicht, sich vom Status der hiesigen Viertelprominenz in den der Prominenz zu katapultieren oder seine Position als Platzhirsch auf der Prominentenliste auszubauen, wie in diesen Tagen. Jörg Haider hatte die Idee, Hans Dichand macht es möglich, und Niki Lauda war der Erste, der die Chance nutzte, großformatig porträtiert auf die Titelseite des Kleinformates zu kommen: Auch ich unterschreibe gegen Temelín.

Und er wird nicht der Letzte sein, bei dem Wichtigmacherei über den nüchternen Einwand triumphiert, dass er sich damit nur für eine aussichtslose Sache freiheitlicher Geiselhaft ausliefert. Denn selbst wenn das Volksbegehren, das Dichand zur Ankurbelung seines Geschäfts für die FPÖ aufbereitet, so viele Unterschriften erhält, wie die "Krone" Leser hat, wird das - wie längst klar - weder Tschechien zur Stilllegung von Temelín noch die EU zum rasanten Ausstieg aus der Atomenergie bewegen.

Insofern hat sich der Herausgeber der "Kronen Zeitung" nun mit der Position eines Marktschreiers auf dem Jahrmarkt österreichischer Eitelkeiten belehnt, von der aus er wieder auf die eines Dompteurs der Regierung zurückzukehren hofft, die ihm der Bundeskanzler hartnäckig streitig zu machen versucht. Auch wenn es einigen, die in der "Krone" mit dem Satz zitiert wurden Wir unterschreiben! Gegen Temelín - nicht für die FPÖ, noch nicht klar sein sollte: Jede Unterschrift ist ausschließlich für die FPÖ, die damit Wolfgang Schüssel unter Druck setzen will. Es ist daher kein Zeichen besonderen politischen Durchblicks, wenn Herr Lauda verkünden lässt: Der Parteien-Hickhack und die Polit-Streitereien in Sachen Temelín interessierten ihn nicht, seien ihm relativ wurscht.

Im Eifer des Kampagnisierens hat sich die "Krone" Mittwoch die ersten Unterschriftsbereiten - wie bereits berichtet - nicht nur taxfrei von "Format" ausgeborgt, ohne freilich auch die dort angeführten Gegner zu erwähnen. Etwas raffinierter ging man auf der Titelseite vor, wo unter dem Aufmacher Wir unterschreiben - Gegen Temelín! Nicht für die FPÖ ein Foto gebracht wurde, auf dem 3 Austropop-Engerln & die First Lady abgebildet waren. Der Eindruck, die vier gierten schon danach, gegen Temelín, nicht für die FPÖ zu unterschreiben, war nur zu verscheuchen, wenn man sich die Mühe machte, den Bildtext zu lesen, aus dem hervorging, dass Fendrich, Ambros und Danzer im Raimundtheater ein Benefizkonzert für Obdachlose gegeben hatten, wo u. a. Promis auch First Lady Margot ihr Herz und Börserl öffnete. Die benefiziösen Details bei - ADABEI! Wenn nur die Herz- und Börserl-Öffnung der Prominenz für Obdachlose nicht auch eine Gehirnöffnung der Prominenz zur Folge hat, die der Temelín-Kampagne für geistig Obdachlose schaden könnte!

Wie immer in solchen Situationen, sind auch die "Krone"-Leser gefordert, ihr Solidaritätsscherflein beizutragen, freilich ohne die geringste Chance, auf Seite 1 abgebildet zu werden. Wenn Schüssel glaubt, ein Volksbegehren unterlaufen zu können, indem er vorher vollendete Tatsachen schafft, dann wird er erleben, dass sich die Österreicher nicht den Mund verbieten lassen. Offenbar ist es Cato noch immer nicht gelungen, seiner Gemeinde begreiflich zu machen, wie wenig Schüssel kümmert, was aus dem Mund der Österreicher kommt. Trotzdem vertraut man der "Krone": Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie ausgeliefert der österreichische Wähler der Willkür mancher Politiker wäre, wenn es diese Zeitung nicht gäbe. Nach dem Volksbegehren wird er es merken.

Für Sie ist es besser, Sie lassen Temelín bleiben, sonst werden Sie sich bei den nächsten Wahlen selbst vertreiben, ruft ein anderer Schüssel zu und nimmt damit die Wünsche von dessen Koalitionspartner vorweg. Man muss aber schon ein deutscher Journalist sein - Name und Anschrift der Redaktion bekannt -, um Schüssels Komplicen jenseits des österreichischen Tellerrandes gehörig an den Pranger zu stellen. Verheugen hat, so sieht man dies in Brüssel, ein widerlich arrogantes Gegrinse. Eine tolle Sympathieerklärung! Man fragt sich, wie eine solche Gestalt zu einem solchen Posten kommt, wo er mit selbstherrlicher Wichtigtuerei und Frechheit nicht nur seine Minderwertigkeitskomplexe zu bewältigen sucht, sondern auch noch Entscheidungen mit möglicherweise katastrophalen Folgen - unter Beihilfe BK Schüssels herbeiführt. Endlich ein sachlicher Ton - Hans Dichand wird doch nicht die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen haben, nur um ein AKW in Tschechien zu verhindern!

Zu seiner Temelín-Gefolgschaft gehört auch die Frau eines Mitarbeiters, Dagmar Koller. Die wusste in "NEWS": Gute Stimme, locker, scheißt sich nichts. Er weiß, was er kann und dass er von Frauen und Männern gleichermaßen geliebt wird. Passt genau. Ob nun auch Robbie Williams nicht für die FPÖ unterschreibt?
(DER STANDARD, am 14. Dezember 2001)