Inland
Wiener Gemeinderat: Grüne fordern "Stadtbürgerschaft"
Drittstaat-Angehörige sollen beim Wahlrecht mit EU-Bürgern gleichgestellt werden
Wien - Die Einführung einer so genannten "Stadtbürgerschaft"
zur Verbesserung der Situation von in Wien lebenden
Drittstaat-Angehörigen haben am Freitag die Grünen in der Aktuellen
Stunde des Wiener Gemeinderats gefordert. Das Modell - es sieht für
Nicht-EU-Ausländer nach sechs Monaten das aktive und passive
Wahlrecht auf Bezirksebene vor - stieß bei FPÖ und ÖVP auf Ablehnung.
SP-Gemeinderat Kurt Stürzenbecher sprach von unausgegorenen Ideen. Grünen-Gemeinderat David Ellensohn präsentierte die Eckpunkte der
"Stadtbürgerschaft": Gefordert wird neben dem Ausländer-Wahlrecht
auch einen gleichberechtigten Zugang für Nicht-Österreicher zu
Gemeindebauwohnungen und eine Gleichstellung im Bereich des Wiener
Sozialhilfegesetzes. Es handle sich dabei um ein Gegenmodell zum
Integrationsvertrag der Bundesregierung, der für Ellensohn "als
'Ausländer-Raus-Zwangspaket' in die Annalen eingehen wird".
FPÖ und ÖVP stießen sich vor allem an der Wahlrechtsforderung der
Grünen. Für VP-Gemeinderat Ulm bedeutet dies im Endeffekt die
"Abschaffung der Staatsbürgerschaft" und die "Abschaffung des
Österreichers". Die ÖVP als "Heimatpartei" werde das nicht zulassen,
so Ulm.
Auch der stellvertretende FP-Klubobmann Heinz-Christian Strache
betonte, dass die "Stadtbürgerschaft" im Widerspruch zum
Staatsbürgerrecht und der Verfassung stehe. Strache verteidigte auch
den Integrationsvertrag: Die Staatsbürger seien "Eigentümer des
Hauses Österreich" und müssten selbst entscheiden können, wer "Gast
im Gästezimmer" sei.
Stürzenbecher warf den Grünen "symbolische Politik" vor. Er räumte
aber ein, dass man über einzelne Forderungen diskutieren könne. Das
Ausländerwahlrecht auf Bezirksebene bezeichnete er als sinnvoll,
allerdings nicht schon nach sechs Monaten Aufenthalt in Österreich.
Stürzenbecher zu den von der SPÖ angepeilten Fristen: "Acht Jahre
standen bisher im Raum, fünf Jahre gefallen mir besser." (APA)