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Afghanischer Minenspezialist bei der Arbeit

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Bora wandert mit ihrer Schnauze am Boden entlang, schnuppert und bleibt wie angewurzelt stehen. Die Schäferhündin wedelt aufgeregt mit dem Schwanz. Langsam kommt Mario Boer heran und lobt sie: "Brav!" Die Hündin hat eine PMN gefunden, eine Mine russischen Fabrikats. Zur Belohnung bekommt sie ihren Spielball. Schnüffeln für die Zukunft Afghanistans Bora und weitere 182 deutsche und belgische Schäferhunde schnüffeln für die Zukunft Afghanistans, des am stärksten verminten Landes der Welt. Nach Schätzungen sind zehn Millionen Landminen vergraben. Es können nach den Kämpfen der vergangenen Monate noch mehr sein, meint Boer, Koordinator beim Minensuch- und Hundecenter Afghanistan (MDC), das von der deutschen Regierung seit fünf Jahren finanziert wird. Der Deutsche ist als "Super-Mario" in ganz Kabul bekannt. Re-Check notwendig Fünfzig Prozent des Landes hatten bereits als minenfrei gegolten. "Jetzt müssen wir zumindest einen Re-Check machen", sagt Boer. Vier Hunde können die Fläche eines Fußballfeldes pro Tag durchsuchen. Seine Prognose, dass Afghanistan in zehn Jahren minenfrei ist, kann Boer seit dem 11. September "nicht mehr halten". Wie lange es noch dauern wird, darauf will er sich nicht festlegen. Aufzeichnungen über Verlegung von Minen "Es gibt jetzt hier ein Sicherheitsvakuum vergleichbar zu dem, als die Russen abzogen." Die meisten Kommandeure der Nordallianz seien schon in den 90er-Jahren an der Macht gewesen. Der frühere Berufsoffizier in der DDR-Armee beurteilt die Russen nicht nur negativ. Deren Soldaten hätten die Aufzeichnungen über die Verlegung von Minen nach dem Abzug 1989 an die Afghanen übergeben. "Das hat unsere Arbeit massiv erleichtert." Es gebe kaum noch Minen der Russen, sondern vor allem solche aus Pakistan und dem Iran, die die Mudjahedin gelegt hätten, ohne diese irgendwo zu verzeichnen. Auch bei den Taliban sei "nicht alles schlecht gewesen". Sie haben für das Projekt ein riesiges Gelände als Hauptquartier im Süden Kabuls zur Verfügung gestellt, "und die Sicherheit war besser gewährleistet als jetzt". 183 Schäferhunde Mit 950 Beschäftigten und 183 Hunden ist das MDC das größte Projekt dieser Art weltweit. Außer Boer arbeiten nur Afghanen für diese Organisation. Sechs Monate brauchen sie zur Grundausbildung, dann gibt es eine Prüfung und jährliche Schulungen. Die Hunde brauchen eineinhalb Jahre zur Ausbildung. Ihre Geruchsorgane sind gefragt, da die Hälfte der Minen in Afghanistan aus Plastik und deshalb nicht von Metalldetektoren erfassbar sind. Gefährliche Arbeit Dass die Arbeit durchaus gefährlich ist, gibt der 42-jährige verheiratete, zweifache Familienvater zu. In den drei Jahren, in denen er in Afghanistan arbeitet, gab es bereits drei tödliche Unfälle von Kollegen. Wie wichtig die Arbeit von Hund und Herrchen ist, zeigt sich täglich: So musste die neue Straße zwischen Kabul und dem Flughafen Bagram am Freitag gesperrt werden, weil ein Lastwagen eines Hilfskonvois auf eine Mine auffuhr und beschädigt wurde. Schlimmer war ein Vorfall vergangene Woche. Der Fahrer eines Busses wollte auf dem schmalen Asphaltband ausweichen, fuhr aber auf eine dieser gefährlichen Fallen - 17 Tote. (DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 15./16.12.2001)