Doris Krumpl

Direktoren kommen und gehen, eine normale Erscheinung auch im Kunstbetrieb, der laut Spiegel ein "Kuschelclub" ist. Was sich jedoch im vergangenen Halbjahr in der Kunst in puncto Personalrochaden abspielte, steht außerhalb der Norm.

Spitze des Eisbergs und kürzlich wegen der Prominenz der Institution besonders auffallend: der Prado in Madrid, dessen Leiter Fernando Checa (49) wohl auf unsanfteste Weise aus dem Direktorensessel gerüttelt wurde. Ohne dessen Wissen ließ der ehemalige Verteidigungsminister Spaniens, der neu erkorene Prado-Stiftungsrat Eduardo Serra, über Nacht Checas Büro räumen und zog kurzerhand selber darin ein - Checa dankte ab.

Der neue wichtige Mann des Prado, 1999 von Spaniens Präsident Aznar in seiner Funktion (auch als Chef einer Schweizer Großbank) an die Spitze des Museumsrates gehievt, will das weltberühmte Museum "amerikanisieren" und private Sponsoren verstärkt einbinden - was zu Unstimmigkeiten mit dem wissenschaftlichen Personal führte. Jetzt hat sich Serra jemanden nach seinen Vorstellungen ins Museum geholt, den Basken Miguel Zugaza (36), seit 1996 Direktor des Museums der schönen Künste in Bilbao.

Der Fall Prado ist ein Paradebeispiel für Tendenzen in der europäischen Museumslandschaft, im Zuge des Quotenfangs die Institutionen zu kommerzialisieren und zu popularisieren, dabei Kunsthistorikern Politiker vor die Nase zu setzen und sie auf diese Weise zu entmachten. Menschen haben das Sagen, die, wie Serra etwa öffentlich zugibt, "von Kunst rein nichts verstehen". Wirtschaftliche Aspekte gehen vor.

Wie sich diese neuen Fachleute, die eigentlich Politiker sind oder waren, Kunstpräsentationen vorstellen, davon gibt Italiens Kulturminister Giulio Urbani ein illustres Beispiel: Er genehmigte, italienische Museen auf fünf Jahre an Private zu verpachten - worauf es internationale Proteste hagelte (DER STANDARD berichtete). Botticellis in den Uffizien beheimateter Frühling stellt sich der Politologe Urbani, Gründungsmitglied von Berlusconis Forza Italia, in einem "Renaissance-Ambiente mit Musik und Kostümen der Zeit" vor.

Es geht auch andersrum: Dass ein Kunstbeirat einen Direktor offiziell wegen "zu viel Kommerz" hinausekeln kann, beweist wiederum das Moderna Museet in Stockholm. Der Brite David Elliot fiel deshalb in diesem bedeutendsten Museum Schwedens in Ungnade. Der Kunsthistoriker Lars Nittve, wesentlicher Architekt des Erfolges von Londons Tate Modern und verantwortlich für die mutige Art der Aufstellung, kehrt jetzt nach Stockholm zurück. Es heißt in Insiderkreisen, er habe sich mit dem Direktor, Sir Nicholas Serota, zunehmend weniger verstanden.

(DER STANDARD Print, Sa./So., 15.12.2001)