Groß-Höbarten - Weihnachtsschmuck hängt von den Fensterbrettern des Bauernhauses mit der Hausnummer 11. Die frisch renovierte Fassade leuchtet gelb und sticht aus der weiß glitzernden Winterlandschaft des Waldviertels hervor. Die Szenerie wie ein Imagebild für die Agrarmarkt Austria. Zum Werbemotiv wird es der Hof in Groß-Höbarten im Bezirk Gmünd in Niederösterreich so schnell aber nicht bringen: Stammt doch die erste BSE-Kuh Österreichs von hier.

"Wir wissen noch gar nichts, haben noch keinen Brief oder Anruf erhalten", schildert die Altbäuerin Maria Katzenschlager den drei wartenden Journalisten zwischen Tür und Angel die Situation. Man habe zwar gehört, dass der Test aus Großbritannien positiv sei, über das weitere Prozedere, wann die 60 Tiere, die noch im Stall stehen, getötet werden sollen, weiß sie aber nichts. Offensichtlich solle zunächst auch noch ein Testergebnis aus der Schweiz abgewartet werden.

Rechnungen

Ob und wie ihr Sohn weitermacht, steht für die Frau ebenfalls noch in den Sternen. "Das ist ja unser Lebenswerk, das kann man ja nicht einfach so aufgeben." Erst im vergangenen Sommer sei der Hof renoviert worden, "mein Sohn sitzt jetzt bei den Rechnungen, um zu schauen, wie viel dass alles gekostet hat". In diesem Moment kommt ein neuer Besucher, er bringt ebenfalls eine Rechnung.

Wenig später sitzt dieser Mann bei einem weißen G'spritzten in der Stube des kleinen Gasthauses des 150-Einwohner-Dorfes. Mit Frau Hinger, der Wirtin, unterhält er sich über den Fall. Man mutmaßt, wie die Seuche in den Ort im Waldviertel an der tschechischen Grenze eindringen konnte, entwickelt Theorien und verwirft sie wieder.

"Trotzdem, aufgeben darf er jetzt nicht", meint die Wirtin. "Genau, jetzt erst recht", stimmt ihr der Gast zu. Im Dorf, das Teil der Gemeinde Waldenstein ist, würden die Leute von Nummer 11 behandelt wie immer, aber der Bauer würde sich abkapseln. "Ich verstehe das nicht ganz, ich würde in die Offensive gehen und sagen, was Sache ist, und dann darum bitten, in Ruhe gelassen zu werden", meint Frau Hinger.

Für die Region sei die Angelegenheit aber schlimm, sind die beiden überzeugt. "Sieben Bauern gibt es noch bei uns, aufhören geht aber auch fast nicht, weil es ja keine anderen Arbeitsplätze gibt, außer vielleicht am Bau", schildert die Wirtin die Situation. "Am gescheitesten ist es wahrscheinlich, einfach abzuwarten, in drei Monaten interessiert das alles keinen mehr."

(DER STANDARD, Printausgabe, 17.12.2001)