Wien - Eigentlich ist Ilse König im Bildungsministerium ja für die Förderung von Forschungsanträgen zuständig, Abteilung Sozial-, Geistes-und Kulturwissenschaften. Tatsächlich aber kann sie nur die Frustration der betroffenen Wissenschafter fördern: Es gibt kein Geld. "Das glaubt uns schon keiner mehr", seufzt König, "die Leute denken, wir haben etwas gegen sie."Die Budgetmittel, die für die Auftragsforschung vorgesehen sind, wurden heuer anderweitig verwendet; für neue Projekte in Königs Abteilung allein gab es sonst zehn bis 20 Millionen Schilling (700.000 bis 1,5 Millionen Euro) jährlich - heuer gab es gar nichts, nächstes Jahr ebenso wenig. Der Schwerpunkt "Friedenssicherung und Gewaltvermeidung", angelegt auf drei Jahre ab 1999, erlebte nur die erste Ausschreibung. Ende 2000, als die zweite fällig gewesen wäre, war schon klar, dass es kein Geld geben würde - das mit großem Aufwand erarbeitete Förderprogramm liegt seitdem auf Eis. Warten auf Behandlung Den kleineren Schwerpunkten "Zeitgeschichte" und "Gender Studies" geht es nicht besser. Ein weiteres Programm wollte die Ministeriumssektion retten: "Demokratieentwicklung im Europäischen Integrationsprozess". Sie stellte dafür einen Antrag (80 Millionen Schilling auf sechs Jahre) beim neu geschaffenen Rat für Forschung und Technologieentwicklung, der "Sonderforschungsmittel" zuteilen kann. Das war vor einem Jahr; eine Behandlung durch den Rat steht allerdings bis heute aus. Weniger als Mietkosten Für die außeruniversitäre Forschung heiße das: "Mühle zu", sagt Ilse König: "Und das ist auch international eine Katastrophe." Der Grund, warum gerade die außeruniversitäre Forschung vom Wegfall der Förderungen durch das Ministerium so schwer getroffen ist: Die meisten sozial- und geisteswissenschaftlichen Institute erhalten (im Gegensatz zu Naturwissenschaftern und Technikern) kaum Basissubventionen, sie finanzieren sich nur durch Projekte. Josef Hochgerner vom Zentrum für Soziale Innovation (ZSI) rechnet vor: Sein Institut bekommt eine Million Schilling pro Jahr - "weniger als die Mietkosten. Das Forschungszentrum Seibersdorf erwirtschaftet 60 Prozent seines Umsatzes selbst und ist mächtig stolz darauf. Wir erwirtschaften genau 95 Prozent - und haben nicht einmal Zeit, stolz zu sein", so groß sei der Druck, ständig neue Projekte zu akquirieren; verstärkt in der EU, seit das Ministerium auslässt. "Aber man kann nicht immer nur von der europäischen Torte naschen, wenn's zu Hause nicht einmal Brösel gibt", so Hochgerner bitter. Und weiter: "Wir alle bewegen uns seit Jahren am Rand der kaufmännischen Fahrlässigkeit und oft darüber hinaus." Werner Höss, Sprecher des Rates für Forschung und Technologieentwicklung, fühlt sich von geisteswissenschaftlichen Begehrlichkeiten ein wenig überfallen. Der Rat sei in erster Linie für wirtschaftlich nutzbringende Forschung da; er ist auch ausschließlich mit Naturwissenschaftern, Technikern und Ökonomen besetzt. "Aber", darauf legt Höß Wert, "sogar im Rat beginnt man, sich für die Sozial- und Geisteswissenschaften zu interessieren." Und er fordert den politischen Willen ein, diese "wichtigen" Wissenschaften zu fördern: "Nur uns zu verhaften, das geht nicht. Es gibt ja auch noch die Regelbudgets der Ministerien." Gehrer: Rat zuständig Das Büro von Bildungsministerin Elisabeth Gehrer spielt den Ball zurück: Für Forschungsförderung sei nur der Rat zuständig, aus dem Ministeriumsbudget werden dafür keine Mittel mehr zur Verfügung gestellt. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 17. 12. 2001)