Wirtschaftsrecht
Österreichs Wirtschaft dümpelt an der Nulllinie
Auslegungsprobleme von "technischer Rezession" beeinflußt Stabilisierungsmaßnahmen
Wifo-Experte: dahin
hängt an wenigen Zehntelprozentpunkten Wien - Nach den Ergebnissen des 3. Quartals 2001, die das
Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) heute für Österreich
veröffentlicht hat, dümpelt Österreichs Wirtschaft heuer in der
zweiten Jahreshälfte an der Nulllinie dahin. Ob der Begriff einer
"technischen Rezession" (zwei Quartale mit schrumpfender
Wirtschaftsleistung hintereinander) anzuwenden sei, werde erst nach
dem 1. Quartal 2002 feststehen, da im Folgequartal jeweils noch eine
Revision des Vorquartals stattfinde. "Hochgerechnet auf ein Jahr
würde das saisonbereinigte vorläufige Ergebnis des dritten Quartals
ein Minuswachstum von 0,4 Prozent ergeben", sagte Marcus Scheiblecker
vom Wifo zur APA.
Der Vergleich von aufeinanderfolgenden Quartalen entspreche der
modernen Systematik der Konjunkturforschung eher als Aussagen über
Wachstumsraten, die auf das jeweilige Vorjahresquartal bezogen sind.
Der Vergleich von Folgequartalen erfordert jedoch den Ausgleich
saisonaler Schwankungen, da es beispielsweise in der Bauwirtschaft
starke Beschäftigungsschwankungen zwischen Sommer- und
Winterquartalen gibt. Komme es wie zuletzt im 3. Quartal auch im 4.
Quartal zu einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP), sei der
Begriff einer "technischen Rezession" anzuwenden, so Scheiblecker.
Die "Technische Rezession"
"Die Wahrscheinlichkeit ist da", sagte Scheiblecker. Die
Ergebnisse des aktuellen Konjunkturtests würden aufzeigen, "dass es
nicht viel besser wird".
Die semantische Diskussion entzweit Regierungspolitiker und
Wirtschaftsforscher hinsichtlich der Notwendigkeit von Maßnahmen zur
Konjunkturstabilisierung. "Die Regierung argumentiert mit den 0,7
Prozent realem BIP-Wachstum, das nach dem 3. Quartal im Jahresabstand
ermittelt wurde", sagte Scheiblecker.
Im Jahresabstand wurde der BIP-Zuwachs des 2. Quartals von 0,9 auf
1,0 Prozent nach oben revidiert, saisonbereinigt im Quartalsvergleich
blieb ein schwaches Plus um 0,1 Prozent aufrecht. Rechne man das auf
ein ganzes Folgejahr hoch, dann ergebe sich nach dem 2. Quartal ein
BIP-Zuwachs von 0,4 Prozent (viermal 0,1 Prozent), nach dem 3.
Quartal jedoch (vorläufig) ein Rückgang um 0,4 Prozent (viermal minus
0,1 Prozent).
Im 3. Quartal 2001 ist die sektorelle Wertschöpfung im Bauwesen
und bei Banken und Versicherungen am stärksten geschrumpft, nämlich
um 3,9 bzw. 2,3 Prozent. Im Finanzsektor, der als sehr volatil gilt,
waren hiefür vor allem schwache Wertpapier- und Provisionserträge
ausschlaggebend. Dass der öffentliche Dienst um 0,5 Prozent
geschrumpft ist, führt Scheiblecker auf gesunkene Personalkosten
aufgrund des Beamtenabbaus zurück, da die Produktion des öffentlichen
Dienstes an den Personalkosten gemessen wird. Im Handel, wo die
Wertschöpfung um 1,2 Prozent gesunken ist, waren vor allem schwächere
Exporte im Großhandel und Einbußen im Kfz-Handel ausschlaggebend.(APA)