Brüssel - Vor allem Großbritannien, Frankreich und Schweden haben den Vorstoß Österreichs beim EU-Gipfel in Laeken blockiert, gemeinsame europäische Sicherheitsnormen für Atomkraftwerke einzuführen. Dies verlautete auf Anfrage am Montag in Brüsseler EU-Diplomatenkreisen. Aber auch die übrigen Partner hätten sich kaum für das Anliegen Österreichs erwärmen können, der EU-Kommission einen entsprechenden Auftrag zu erteilen."Überrascht" "Wir waren überrascht über den ersten Entwurf der gemeinsamen Gipfel-Konklusionen, den uns die belgische Ratspräsidentschaft vorgelegt hat, weil er zu sehr in die Richtung Österreichs ging", hieß es in EU-Delegationskreisen. Die EU habe derzeit keine Vorschriften für gemeinsame AKW-Sicherheitsnormen. Man wolle nicht, dass diese wegen Österreich eingeführt werden. Diesen Standpunkt hatten London und Paris schon vor dem Gipfel vertreten. Französische EU-Diplomaten hatten vor dem Gipfel davor gewarnt, dass gemeinsame EU-Normen auch die Verantwortung für die EU-15 nach sich ziehe, AKW-Aufrüstungen in Milliardenhöhe in den Kandidatenländern mitzufinanzieren. "Kein Bedarf" Schweden, das selber mittelfristig aus der Atomenergie aussteigen will, sieht "keinen Bedarf für neue nukleare Sicherheitsnormen". Schwedische EU-Kreise verweisen darauf, dass es ja ohnehin eine internationale Konvention zur nuklearen Sicherheit und damit internationale Sicherheitsstandards gebe, die von der Internationalen Atomenergie-Organisation in Wien (IAEO) überwacht werden. Zusätzliche EU-Normen, die möglicherweise nicht deckungsgleich mit denjenigen der IAEO wären, seien daher überflüssig. Im übrigen könne die EU-Kommission im Rahmen des Euratom-Vertrages bereits Inspektoren zur Sicherheitsüberprüfung in die AKWs der EU-Mitgliedstaaten schicken. Dem innenpolitischen Streit in Österreich um das tschechische AKW Temelin wird in EU-Ratskreisen wenig Verständnis entgegengebracht. Temelin sei ein modernes mit US-Technologie fertig gestelltes Kernkraftwerk. In den osteuropäischen Kandidatenländern - etwa im Baltikum oder der Slowakei - gebe es wesentlich gefährlichere ältere AKWs sowjetischer Bauart. Gemeinsame Sicherheitsnormen vom Tisch Während Belgien im ursprünglichen Schlussfolgerungsentwurf von Laeken noch vorgesehen hatte, dass die EU-Kommission dem Rat regelmäßig Berichte und Empfehlungen vorlegen soll, "darunter auch Vorschläge für gemeinsame nukleare Sicherheitsnormen" und die AKW-Sicherheit vor und nach dem Beitritt der Kandidatenländer zusammen mit nationalen Experten überwachen soll, ist in der endgültigen Fassung nicht mehr die Rede von gemeinsamen Sicherheitsnormen. Auch die Bezugnahme auf die Erweiterung fiel weg. Von österreichischer Seite wurde allerdings als Erfolg gewertet, dass die Frage erstmals in EU-Gipfelkonklusionen angesprochen worden ist. Immerhin verpflichte sich der "Europäische Rat" der EU-Staats- und Regierungschefs in den Konklusionen, "auch weiterhin ein hohes Maß an nuklearer Sicherheit in der Union zu gewährleisten."(APA)