Inland
Null Toleranz im Flüchtlingslager
In Traiskirchen hat sich die Situation vieler Asylwerber dramatisch verschärft
Traiskirchen/Wien - Die seit
Tagen anhaltende Kältewelle
hat die Situation vieler
Flüchtlinge in Österreich
dramatisch verschärft. Im
Flüchtlingslager in Traiskirchen (NÖ) werden immer
mehr obdachlose Asylwerber
weggeschickt. Grund: Die Lagerverwaltung hält sich streng
an die Vereinbarung zwischen
Innenministerium und Gemeinde, nicht mehr als 1000
Flüchtlinge aufzunehmen.Null Toleranz
In vergangenen Wintern
hatten auch Flüchtlinge, die
nicht in Bundesbetreuung waren (nur jeder dritte erhält Hilfe vom Staat), zumindest im
Warmen übernachten dürfen.
Mit dieser Toleranz ist nun es
vorbei, Betroffene werden auf
eiskalte Herbergssuche geschickt. Doch auch nicht
staatliche Betreuungseinrichtungen und alle Pfarren in der
Umgebung sind bereits überbelegt. "Dabei wäre im Lager
Platz für 3000 Menschen",
sagt Philipp Sonderegger von
SOS Mitmensch.
Mehrere Gesuche privater
Hilfsorganisationen, die sich
zur Plattform "ÖsterREICH für
alle GLEICH" zusammengeschlossen haben, eine Ku 2. Spalte
lanzlösung für vorübergehende Nächtigungen im Flüchtlingslager zu treffen, blieben
bisher unbeantwortet. "Wenn
jemand erfriert, sagen Sie
nachher nicht, Sie wurden zu
spät informiert. Sie sind verantwortlich", heißt es in einer
E-Mail-Aktion an Innenminister Ernst Strasser (VP). Für
kommenden Mittwochabend
ist eine Aktion vor dem Innenministerium geplant: alte
Möbel auf dem Gehsteig in der
Herrengasse - kein Dach über
dem Kopf.
30.000 Asylanträge
Wie berichtet, plant Strasser
eine umfassende Reform der
Flüchtlingsbetreuung. So
werden etwa verschiedene
Varianten zur Privatisierung
geprüft. Das Massenquartier
in Traiskirchen könnte überhaupt geschlossen werden.
"Österreichs derzeitiges Asylsystem ist auf lediglich 10.000
Asylwerber ausgelegt", kritisiert Sonderegger. Mehr als
dreimal so viele Asylanträge
werden es heuer nach Schätzung des Innenministeriums
tatsächlich sein - davon fast
die Hälfte von afghanischen
Flüchtlingen. Im Vorjahr
wurden 20.000 Asylanträge
gestellt. (DER STANDARD, 18.12.2001)