Wien - Es geht um mehr. Das ist Erwin Pönitz wichtig. Der Obmann des soeben gegründeten Vereines "Freunde des Augartens" legte Montagvormittag größten Wert darauf zu betonen, dass es ihm und seinen Mitstreitern nicht bloß um 6600 m² Boden im Augarten geht. Noch dazu in einem Winkel, den kaum einer der zwei Millionen Besucher des Barockgartens kennt, der in der 52 Hektar großen Parkanlage Erholung sucht.

Es geht um mehr. Deswegen erwähnen Pönitz und seine Mitstreiter wider die Verbauung des Augartens das Verhältnis von Projekt und Anlage zueinander - 6600 m² sind etwas über ein Prozent von 52 Hektar - lieber nur am Rande und erst auf Nachfrage: Denn "es geht ums Prinzip".

Mit diesem Satz stehen Hakoah, Israelitische Kultusgemeinde, Anrainerverein und politische Parteien im Streit um die Errichtung eines Sportplatzes für den jüdischen Sportverein als Entschädigung für den von den Nationalsozialisten geraubten Hakoah-Platz auf der selben Position: Dem Justament-Standpunkt. Freilich mit unterschiedlichen Blick- und Zielsetzungen.

Der Park darf nicht verbaut und zerstückelt werden, sagen die Projektgegner. Es handle sich um ein Fläche von 120 mal 55 Metern in abgelegner Lage. Die Bebauung erfolge unterirdisch. Und: Nach jahrelangen Debatten sei es an der Zeit, endlich zur Tat zu schreiten, erklären die Befürworter der Sportanlage.

Das lange Warten

Die Ausgangsposition: Seit 1946 wartet die Hakoah auf Ersatz für ihr geraubtes Gut. Seit dreizehn Jahren wird mit der Gemeinde verhandelt. Ebensolange ist der Augarten im Gespräch. 1999 setzte Bürgermeister Michael Häupl eine Arbeitsgruppe ein, die auch fünf Grundstücke im Prater prüfte - und zur Erkenntnis gelangte, dass der Augarten ideal sei.

Der Aufschrei von Lokalpolitik und Anrainern folgte postwendend. Schließlich wurde der Augarten 2000 als erster Park Österreichs unter Denkmalschutz gestellt. Schließlich ist der Park eine der wenigen Grünoasen in der verbauten Zone im 2. und 20. Bezirk. Schließlich sind jüdische Restitutionsforderungen eine ziemlich sichere Bank, um Emotionen zu schüren.

Den Versuch, auf die ersten beiden Argumentationslinien zu setzen, ohne die Rülpser der dritten Schiene zu bedienen, will Pölzer wagen. Das Prinzip, erläuterte der Vereinsobmann seinen Standpunkt, den "wir zu den obersten Richtern tragen", besage, dass ein Park für alle nicht parzelliert werden dürfe.

Dass das Abschneiden just jener nordöstlichen Ecke zwischen Ambrosi-Museum und Baumschule das Gros der Besucher gar nicht bemerken würde, zähle nicht, erläuterte die Landschaftsarchitektin Maria Auböck: Schließlich gäbe es Bestrebungen, entlang der Ostkante des Parks eine offene "Kulturachse" zu errichten: Vom Museum im Norden soll sie über die Schule der Sängerknaben, den englischen Landschaftsgarten, die Augartenmanufaktur und die Österreichische Galerie bis zum Filmmuseum führen. Der Sportplatz wäre da tatsächlich ein Sperrriegel.

Freilich, musste Auböck zugeben, hat die "Kulturachse" einen kleinen Haken: Die Sängerknaben denken derzeit nicht im Traum daran, ihr Schulgelände zu öffnen. Da geht es auch ums Prinzip - vielleicht nicht einmal um ein anderes. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 18.12.2001)