Wien - Der zu Jahresende als OMV-Chef ausscheidende Richard Schenz wurde zum Regierungsbeauftragten für die Entwicklung des heimischen Kapitalmarkts bestellt. Schenz, dessen Bestellung bereits im November durch einen Ministerratsbeschluss erfolgt sei, wäre der "Wunschkandidat" unter "hundert Persönlichkeiten" gewesen, erklärte Finanzminister Karl-Heinz Grasser bei der Präsentation am Montag.

In seiner neuen Rolle solle Schenz den "Treibstoff" für die Entwicklung des Kapitalmarkts in Österreich liefern, der weiterhin im Vergleich zu anderen Industrieländern im Dornröschenschlaf liegt. Nur 7,5 Prozent der Bevölkerung sind Aktionäre, während dieser Anteil in anderen Staaten bis zu 30 Prozent ausmacht. Und Österreichs Betriebe seien im EU-Vergleich mit einer Eigenkapitalausstattung von 28 Prozent beinahe das Schlusslicht; nur Italien liegt mit 27 Prozent hinter Österreich, sekundierte Finanzstaatssekretär Alfred Finz seinem Minister.

All das soll, nicht zuletzt dank der Moderatorfunktion von Schenz, in den nächsten Jahren besser werden. Das Potenzial an Aktionären liege in Österreich bei 25 bis 30 Prozent, sagte Schenz, der allerdings nicht an dieser Zahl gemessen werden will. "Wir werden uns sehr bemühen, und wenn wir etwas bewegen werden, werden wir uns freuen", setzt sich Schenz eine bescheidene Latte. Seine Tätigkeit sieht er darin, Überzeugungsarbeit zu leisten und Mittelbetrieben den Weg an die Börse anstelle eines Kredits schmackhaft zu machen.

Grasser erwartet sich von der "Abfertigung neu" Impulse für den heimischen Kapitalmarkt. Allerdings soll vor Gesetzwerdung durch Vereinbarungen mit den Anlegern sichergestellt werden, dass ein Großteil der erwarteten Abfertigungsrücklagen im Inland angelegt werden.

Im Hinblick auf die Privatisierung der Telekom Austria will sich Grasser "alle Optionen offen lassen". Da die ÖIAG saniert sei - der Schuldenstand sei auf 27 Mrd. S gesunken, die Rückzahlungen könnten aus Dividendenerlöse bedient werden - gebe es keinen Druck zum raschen Verkauf. Eine Privatisierung sei nur "als best case" möglich, sagte Grasser. Dabei müssten auch die Interessen der Kleinanleger berücksichtig werden, die auf die TA als Volksaktie gesetzt hätten. (spu, Der Standard, Printausgabe, 18.12.01)