Die geplante Privatisierungswelle der Prager Regierung im Energiebereich ist zu einer Pritschelei verebbt. Zwar wurden der Petrochemiekonzern Unipetrol und die Gasbranche verkauft, einen Kurzschluss gab es dagegen beim Verkauf des Stromriesen CEZ. Dieser Deal wurde auf nächstes Jahr verschoben. Offenbar versucht die Prager Regierung damit, mehr Geld aus den Bewerbern herauszupressen. Im Budget wurden die erwarteten Milliarden jedenfalls bereits verplant. Hinter den Kulissen herrschte ziemliches Chaos, das durch gezielt gestreute Gerüchte noch vergrößert wurde. Dass internationale Multis Offerte zehn Minuten zu spät abgeben, kommt zwar in Krimis vor, aber nicht im wirklichen Leben. Eines dürfte klar sein: Innerhalb der Regierung gibt es keine einheitliche Linie, wer die CEZ bekommen soll. Mit ins Kalkül spielt die Frage, welches EU-Land Prag am besten über die Hürden des Beitrittsprozesses zur Union helfen kann. Offensichtlich sieht Tschechien die französische Karte nicht als Atout, sonst hätte wohl die Electricité de France den Zuschlag bekommen. Im Fall der zwei anderen Kronjuwelen, der Raffinerie und Petrochemie sowie der Gaswirtschaft, hat sich Tschechien für jene zwei Kandidaten entschieden, die nicht gerade als Dominatoren der Branche gelten oder strategisch eine massive Verbesserung der Position der verkauften Bräute bringen. So ist der Versorger RWE nicht gerade ein europäischer Leader im Gasgeschäft. Dem tschechischen Düngemittelkonzern Agrofert wiederum, der die Petrochemie geschnupft hat, fehlt der strategische Charme des österreichisch-ungarischen Bietertrios, mit dabei die OMV. Mit der Entscheidung Prags ist auch der vom österreichischen OMV-Konzern angepeilte Sprung nach Mitteleuropa - zumindest vorerst - zu einem Hupferl verkommen. (Clemens Rosenkranz, Der Standard, Printausgabe, 18.12.01)