Wirtschaft
Österreichs BIP seit fünf Jahren erstmals geschrumpft
Leitl will Liberalisierungs- schritte bei Ladenöffnung setzen
Wien - Für Österreich haben die Wirtschaftsforscher gestern
einen leichten BIP-Rückgang fest gestellt: Erstmals seit 1996 ist das
Bruttoinlandsprodukt (BIP) im 3. Quartal 2001 real geschrumpft. Damit
nähert sich Österreich einer Rezession, die technisch vorliegt, wenn
die Wirtschaft eines Landes zwei Quartale hintereinander nicht
wächst. Für Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl ist die seit
Montag wieder aktuelle Frage, ob Rezession oder nicht, nicht primär
von Interesse, wie er vor Journalisten sagte. Gebot der Stunde sei
jetzt, zu handeln und gegenzusteuern: "Gründen und exportieren" sowie
"bilden, forschen, steuerlich entlasten". Vor allem letzteres habe
die Regierung in der Hand. Als Liberalisierungsschritt bei der Ladenöffnung im Handel schwebt
Leitl die völlige Freigabe der Ladenzeiten auf Länderebene (mit
Ausnahme des Sonntags) vor. "Wenn es in die Abendstunden geht, bin
ich dafür", so der Kammer- und Wirtschaftsbundchef. Von einer von
einzelnen Bundesländern flexibel festgelegten Öffnungszeit, was
Kaufkraftabflüsse verhindern könnte, erwarte er sich einen
"Dominoeffekt" auf andere Länder. Der Wirtschaftsminister sollte von
Vollmachten Gebrauch machen können, wenn es auf Länderebene nicht
funktioniert.
Obmann der Sektion Handel sieht keinen Bedarf
Der Obmann der Sektion Handel in der
Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), Erich Lemler, sieht derzeit
keinen konkreten Bedarf für eine Ausdehnung der Öffnungszeiten. "Von
unserer Seite gibt es keine Notwendigkeit", sagte Lemler am Rande
einer Pressekonferenz. Mit Ausnahme von Wien funktioniere die
Situation in den Tourismusregionen auch an Sonn- und Feiertagen gut.
Sollte die Entwicklung in den angrenzenden Nachbarländern wie etwa
Slowakei oder Ungarn allerdings weiter gehen, wo zunehmend mehr
Einkaufszentren oft rund um die Uhr offen halten, könnte es notwendig
werden, auch in Österreich zu reagieren, so Lemler.
Frauen fürchten um Lebensqualität
Entschieden gegen den Vorstoß sprachen sich heute die ÖGB-Frauen aus. Bereits
die letzte Ausweitung im Jahr 1997 habe zu einer Verschlechterung der
Arbeitsbedingungen im Einzelhandel und einem Zuwachs an prekären
Beschäftigungsverhältnissen geführt. "Fallen die Ladenöffnungszeiten,
so wird es noch mehr 'Mc Jobs' geben", befürchtet die
Frauensekretärin im ÖGB, Sylvya Ledwinka. (APA)