Nach der Welle palästinensischen Terrors der letzten beiden Wochen, den israelischen Militärschlägen, der von Israel erklärten Ächtung Yassir Arafats und dem Aufruf des Palästinenserchefs, die Attacken gegen Israelis einzustellen, schien der Konflikt plötzlich wieder in einen niedrigeren Gang geschaltet zu sein.

In der Nacht auf Dienstag waren im Westjordanland bei zwei separaten Überfällen auf israelische Autos drei Israelis, darunter ein dreijähriges Kind, verletzt worden. Am Dienstag kam es bei Khan Yunis im Gazastreifen zu einem langen Feuergefecht zwischen israelischen Soldaten und Palästinensern, vermutlich Angehörigen von Arafats Fatah-Bewegung.

Die von Arafat angekündigte Kampagne gegen Terrorgruppen, die am Wochenende mit Dutzenden Verhaftungen und Schließungen von Büros konkrete Formen anzunehmen versprach, schien schon wieder zu verebben - am Montag sollen nur noch neun Mitglieder radikaler Gruppen festgenommen worden sein.

In Israel hatte der unentwegte Außenminister Shimon Peres zwar empfohlen, man möge Arafat "ein paar Tage geben, um zu zeigen, dass er seine Worte in Taten umsetzen kann" - "seine Worte waren stärker als zuvor, und sie waren in arabischer Sprache, direkt an die Palästinenser gerichtet", plädierte Peres.

Kaum jemand erwartete sich aber von Arafats Rede eine nachhaltige Wende zum Besseren, Premier Ariel Sharon hatte zunächst 24 Stunden lang auf die Rede gar nicht reagiert und dann herablassend gemeint, er habe nur Teile davon gehört. "Ich hatte das Gefühl, es wäre völlig überflüssig, das anzuschauen - die Worte, die er gesprochen hat, sind unwichtig."

Generalstabschef Schaul Mofas erwartet, dass die Konfrontation weitergeht, wobei die israelische Armee jetzt einen "größeren Handlungsspielraum" habe, denn die Terroranschläge hätten "einen Höhepunkt der Delegitimierung Arafats" gebracht und zugleich "einen Höhepunkt der Legitimität, die Israels Reaktion bekommt".

Israelische Medien zeichneten indessen unter Berufung auf hohe Militärs ein beängstigendes Bild einer möglichen neuen Dimension des Terrors. Gruppen wie die Hamas würden neue "kreative und ausgeklügelte" Fertigkeiten erwerben, um "strategische Anschläge" verüben zu können. Die nächste Phase der Terroroffensive könnten dreifache Selbstmordattacken oder Angriffe auf große Gebäude bringen. Der Terror könne mit militärischen Mitteln nicht ausgerottet werden - die Verhaftungen und "Liquidierungen" von Terroristen durch Israel seien wie "ein Versuch, das Meer mit einem Löffel auszuschöpfen". (DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 19.12.2001)