Wo viel Licht, da viel Schatten. Je mehr die internationale Markenartikelindustrie mit ihren in vielen Fällen bald von Plagiaten gefolgten Produkten die Märkte überzieht, desto schärfer regieren ihre Kritiker. Heutzutage bestimmen die großen Marken, was Sache ist. Nike, McDonald's, Microsoft oder Coca-Cola sind nicht nur geschmacksbildend und prägen das Stadtbild - wo auch immer. Sie haben auch den Prozess des Wirtschaftens in einem so hohem Maße vereinheitlicht, dass sie zunehmend ins Kreuzfeuer der Globalisierungsgegner geraten. Große Vereinheitlicher Marken, sagen die Kritiker, sind die großen Vereinheitlicher. Sie beschränken die Produktvielfalt, weil sie eine enorme Public-Relations-Maschinerie unterhalten und damit weniger offensive Konkurrenz aus dem Markt drängen. Sie sind immer auf der Suche nach dem billigsten Produktionsstandort und pressen dadurch Fabrikarbeiter in der Dritten Welt aus. Mit bis ins kleinste Detail durchdachten Sponsoring-Aktionen in den Bereichen Sport, Gesellschaft und Kultur sowie mit klugen Werbekampagnen fangen sie den Zeitgeist ein oder erschaffen ihn gar. Die Liste der Vorwürfe ist lang. Die Profiteure wären neben den Firmen nur die Konsumenten in der reichen westlichen Welt, denen mit der Marke ein Mittel gegeben werde, über das sie Stil und Einstellungen nach außen kommunizieren können. Zudem sind sie als Aktionäre der Markenmultis direkt an deren finanziellem Erfolg beteiligt. Es war die kanadische Journalistin Naomi Klein, die mit ihrem Superseller "No Logo" die Theorie zur Markenkritik lieferte. In Österreich schaffte es das Autorenteam Klaus Werner und Hans Weiss mit seinem "Schwarzbuch Markenfirmen" auf die Bestsellerlisten. Globalisierungsgegner finden in solchen Büchern ihre Argumente gegen die Multis. Politische Bewegungen hatten immer ihre Schlüsseltexte. Da war "Die Dialektik der Aufklärung" von Horkheimer und Adorno, die die 68er-Bewegung einleitete, Kate Millets "Sexus und Herrschaft", als Streitschrift der Feministinnen und Dennis Meadows, der mit den "Grenzen des Wachstums", die Umweltbewegung prägte. Heute ist es eben das Buch Naomi Kleins, in dem die wachsende Macht großer Marken hinterfragt wird. Body Shop, Disney oder Starbucks verkauften nicht mehr nur Produkte, sondern eine komplette Weltanschauung: Nikes Kunden erwerben nicht einfach Turnschuhe, sondern auch Sportsgeist. Dazu werden Popstars und Sportler zu bezahlten Image-Botschaftern gemacht; außerdem werden auch bis vor kurzem noch werbefreie Räume wie Schulen und Unis mit Sponsoring-Verträgen eingebunden. Offensichtlich füllen Marken ein Vakuum wie früher Religionen, erklärt Klein, die von der britischen Times als die einflussreichste Frau unter 35 Jahren bezeichnet wird. Dabei ist sie mit Ausprägung und Schärfe der Antiglobalisierungsbewegung gar nicht glücklich. Handel bedeute Freiheit, Demokratisierung. Reaktionen wie die der englischen Autorin Zadie Smith erscheinen ihr da schon zielführender: Diese hatte nach Lektüre von "No Logo" geschrieben: "Ich habe meine Turnschuhe weggeschmissen." (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 19.12.2001)