Philadelphia - Ein US-Bundesrichter hat das Todesurteil gegen den schwarzen Journalisten Mumia Abu Jamal aufgehoben. Das berichteten US-Fernsehsender am Dienstag. Abu Jamal war beschuldigt worden, vor 20 Jahren einen Polizisten ermordet zuhaben. Richter William Yohn ordnete eine neue Anhörung an, wies allerdings den Antrag des Verurteilten auf einen neuen Prozess zurück. Das Gericht in Pennsylvania hat nun die Urteilsanhörung innerhalb von 180 Tagen durchzuführen. Geschieht dies nicht, soll die Strafe in lebenslang umgewandelt werden, entschied der Bundesrichter. Yohn begründete seine Entscheidung mit Fehlern bei der Belehrung der Geschworenen und der Form des Urteilsspruchs im Prozess, in dem Jamal zum Tode verurteilt worden war. Gegen die Entscheidung des Bundesrichters ist eine Berufung möglich. Jamal ist der bekannteste zum Tode verurteilte Häftling der USA.Von der weltweiten "Free Mumia"-Bewegung wird das frühere Mitglied der militanten amerikanischen Schwarzen-Bewegung "Black Panther" als politischer Häftling eines rassistischen Justizsystems angesehen, während die Unterstützer des Opfers ihn als reuelosen Polizistenmörder bezeichnen. Abu Jamal wurde von einem Gericht in Pennsylvania für schuldig befunden, den Polizeibeamten Daniel Faulkner am 9. Dezember 1981 in Pennsylvania erschossen zu haben, nachdem Faulkner Jamals Bruder bei einer Verkehrskontrolle angehalten hatte. Jamal, der damals an der Brust verletzt wurde, behauptete, dass er angeschossen wurde, während er flüchtete. Erst am 21. November hatte eine Richterin in Pennsylvania das Gesuch Abu Jamals für einen neuen Prozess abschlägig behandelt. Er hatte den staatlichen Instanzenweg bereits vor zwei Jahrenausgeschöpft, aber in einem Ansuchen im September behauptete er, dass neue Beweismittel ihn entlasten würden. Dazu gehöre das Geständnis eines Mannes namens Arnold Beverly. Im Jahr 1999 hatte Beverly behauptet, dass er von einer Bande angeheuert wurde, Faulkner zu töten. Die früheren Anwälte von Abu Jamal hielten dieses Geständnis allerdings nicht für glaubwürdig. Deshalb wollte Yohn Beverly nicht zugunsten Jamals aussagen lassen. Die Justizbehörden in den USA haben 749 zum Tode verurteilte Häftlinge hingerichtet, seit das Bundesgericht die Todesstrafe vor 25 Jahren wieder für zulässig erklärt hat. Menschenrechtler begrüßen Aufhebung Deutsche Menschenrechtsorganisationenhaben die Aufhebung des Todesurteils gegen den schwarzenBürgerrechtler Mumia Abu-Jamal durch ein US-Bundesgericht begrüßt.Amnesty International und die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV)zeigten sich erleichtert, dass Abu Jamal keine unmittelbareLebensgefahr mehr drohe. Zugleich bedauerten sie jedoch, dass derRichter es abgelehnt habe, den Prozess noch einmal neu aufzurollen. GfbV-Generalsekretär Tilman Zülch sprach in Göttingen von einerguten und einer schlechten Nachricht im Fall Abu-Jamal. Der Aufhebungdes Todesurteils stehe leider die Ablehnung eines neuen Prozessesgegenüber. Dadurch mache sich die amerikanische Justiz unglaubwürdig.Der Fall Abu-Jamal beweise überdies erneut die Reformbedürftigkeitder US-Rechtssystems. Zülch beklagte in diesem Zusammenhang, dasssich in viel zu vielen Fällen Todesstrafen im Nachhinein alsFehlurteile erwiesen hätten sowie Schwarze und Minderheitenüberproportional häufig zu den Opfern zählten. Amnesty: Nicht ganz glücklich Eine Sprecherin von Amnesty International sagte in Bonn, man sei"nicht ganz glücklich" über das Urteil. Zum einen sei ein erneutesTodesurteil theoretisch nicht auszuschließen, zum anderen sei einneuer Prozess dringend geboten. Die Organisation begründete ihreForderung mit dem ihrer Meinung nach unfairen Verfahren gegenAbu-Jamal, der zudem damals keinen kompetenten Rechtsbeistand gehabthabe. (APA/AP/Reuters)