Wien - "Österreichs Sportlerin des Jahres", "Europas Leichtathletin des Jahres", Vizeweltmeisterin in der Halle und im Freien, vier Golden-League-Siege und zwölf 800-m-Zeiten unter zwei Minuten. Die Erfolgsbilanz 2001 von Stephanie Graf wird den Sportfans noch lange in Erinnerung bleiben. Auch das Jahr 2002 soll wieder große Momente der Kärntnerin bringen, die Vorbereitung auf die neue Saison läuft bereits auf Hochtouren. Im Interview blickt Graf noch einmal zurück auf 2001, spricht über ihre nächsten Ziele und verrät ihre größten Wünsche fürs Neue Jahr.Was wird Ihnen von diesem Erfolgsjahr in Erinnerung bleiben? "Wenn ich meine Karriere beendet habe, wird das ein Jahr sein, auf das ich wahnsinnig stolz bin. Die zwei knappen WM-Niederlagen haben sicher den Vorteil, dass ich noch nicht satt bin. Außerdem ist es mir gelungen, mich nach der Niederlage in Edmonton, wo ich wegen der fehlenden drei Hundertstel auf Gold total unten war, wieder aufzuklauben. Ich habe also heuer wieder viel gelernt. Man muss ja auch mit Niederlagen umgehen können, um ein großer Sieger zu werden. Besonderer Balsam auf meine Wunden waren die Wahlen zu Österreichs Sportlerin und Europas Leichtathletin des Jahres. Das hat mir gezeigt, wie sehr die Leute mit Herz dabei sind und eben nicht nur das Resultat, sondern auch den Menschen dahinter wahrnehmen." Welche großen Ziele haben Sie für 2002? "Ich möchte sowohl bei der Hallen-EM in Wien als auch bei der Freiluft-EM in München zumindest eine Medaille holen, aber natürlich unternehme ich vom Training her alles, dass es am Ende jeweils Gold wird. Und am 17. Februar will ich in Birmingham den 14 Jahre alten 800-m-Hallen-Weltrekord auslöschen, nachdem ich bereits im Vorjahr gespürt habe, dass der für mich drinnen ist. Da habe ich Blut geleckt. Außerdem will ich einmal international zu den ganz Großen gehören, und da muss man ja auch einen Weltrekord vorweisen können." Sind Sie durch den Wegfall ihrer großen afrikanischen Konkurrentin Maria Mutola jetzt die große EM-Gejagte? "Die Maria fällt zwar bei den Europameisterschaften als Konkurrentin weg, doch mit Ludmila Formanova, die nach ihrer Verletzungspause wieder fit ist, kommt die Doppelweltmeisterin von 1999 wieder zurück. Deshalb ist Formanova, die nach einem Jahr Pause mental extrem frisch sein wird, für mich die Konkurrentin, auf die ich groß Jagd machen werde. Aber auch die anderen Gegnerinnen, vor allem die Russinnen und Sloweninnen, darf man nie unterschätzen. Es ändert sich also praktisch nichts an der Ausgangslage. Ich muss daher versuchen, meine Bestzeiten weiter zu verbessern." Bei der Hallen-EM im März in Wien erwarten die heimischen Fans von Ihnen die Titelverteidigung. Wie sehr belastet Sie dies? "Einerseits freue ich mich total auf die Heim-EM, weil ich weiß, dass so viele Freunde und Fans in der Halle sein werden, die voll hinter mir stehen, andererseits habe ich aber auch eine Heidenangst, dem Erwartungsdruck nicht gewachsen zu sein. Man hat ja bei der Ski- WM in St. Anton gesehen, dass es nicht einfach ist, diesen enormen Druck auszuhalten und die Erwartungen des Heimpublikums zu erfüllen." Wie schaut es mit der Vorbereitung aus, ist das Training noch härter geworden? "Ja, ich bin jetzt schon wieder einen Monat weiter als im Vorjahr um dieselbe Zeit. Teilweise ist das Training so hart, dass ich mich übergeben muss. Die schlimmste Einheit hat bisher 8 x 500 m in 82 Sekunden - im Wechseltempo - und 8 x 400 m in 66 Sekunden umfasst. Am nächsten Tag standen dann 20 x 300 m auf dem Programm." Wie werden Sie Weihnachten verbringen? "Wie jedes Jahr zu Hause mit der Familie. Zuerst gehe ich zu meiner Oma, für die ich den Christbaum aufputze. Wenn's finster ist, versammelt sich dann die ganze Familie auf dem Friedhof, wir feiern also ein sehr besinnliches Weihnachtsfest. Am Abend gibt's dann die Bescherung und ein großes Essen im Familienkreis." Also kein Training am Heiligen Abend?! "Heuer nicht, aber es ist schon vorgekommen, dass mein Trainer vergessen hat, dass Weihnachten ist. Da gab's dann am 24. Dezember ein hartes Intervall-Training mit 25 x 200 m!" Was ist ihr größter Wunsch fürs Neue Jahr? "Ich habe zwei große Wünsche. Erstens, dass ich es schaffe, mich über Dinge weniger aufzuregen und eine ähnliche Ruhe und Gelassenheit zu bekommen wie der Stephan Eberharter. Und zweitens wünsche ich mir, dass ich es nie verlerne, mich über die einfachen Dinge zu freuen."(APA)