Europa
Kohl äußert Genugtuung über Leuna-Bescheid
Sprecher: "Dreckige Verleumdungskampagne" - Justizministerium wartet weitere Ermittlungen ab
Berlin - Mit Genugtuung hat der deutsche Altkanzler
Helmut Kohl (CDU) auf den Bescheid der Bundesanwaltschaft reagiert,
laut dem die Schweizer Akten keine Anhaltspunkte für eine
Bestechlichkeit der früheren deutschen Regierung in der Leuna-Affäre
enthalten. Der Abschlussbericht von Generalbundesanwalt Kay Nehm habe
die Wahrheit offenbart, nämlich dass weder Kohl noch seine damalige
Regierung bestechlich seien, erklärte ein Sprecher des Altkanzlers am
Mittwoch in Berlin. Die Unterstellungen gegen Kohl hätten die deutsch-französischen
Beziehungen belastet. "Dies haben all diejenigen zu verantworten, die
an dieser dreckigen Verleumdungskampagne mitgewirkt haben", erklärte
der Sprecher.
Der Vorwurf, dass die Kohl-Regierung in der Leuna-Affäre
bestechlich war, hatte sich durch die Schweizer Akten nicht erhärtet.
Nehm hatte deshalb erklärt, die Einleitung eines
Ermittlungsverfahrens komme für ihn nicht in Betracht. Beim Verkauf
der Leuna-Raffinerie in Sachsen-Anhalt waren Schmiergelder in
zweistelliger Millionenhöhe geflossen.
Deutsche Regierung sieht Bestechungsvorwürfe nicht entkräftet
Im Gegensatz zur deutschen
Generalbundesanwaltschaft hält das Justizministerium die
Bestechungsvorwürfe im Zusammenhang mit dem Verkauf der ostdeutschen
Leuna-Raffinerie für nicht völlig entkräftet. Generalbundesanwalt Kay
Nehm hatte am Mittwoch erklärt, zwar ergebe sich aus den aus der
Schweiz übersandten Leuna-Akten, dass "Gelder an zwei namentlich
genannte, von Verfahrensbeteiligten als deutsche Politiker
bezeichnete Personen geflossen sind", doch "eine strafrechtliche
Relevanz ist insoweit aber nicht erkennbar".
Aus den Akten der Schweizer Ermittler hätten sich für seine
Behörde keine Anhaltspunkte ergeben, dass deutsche Politiker in
strafrechtlich relevanter Weise Zahlungen erhielten. Zu weiteren
Klärungen habe man die Akten an die mit Leuna befassten
Staatsanwaltschaften in Augsburg udn Saarbrücken weitergeleitet. Ein
Sprecher des Justizministeriums sagte daraufhin, in dem Bericht sei
eine "Fülle von Sachverhalten" dargestellt. Sie zu bewerten, sei nun
Sache der Ermittlungsbehörden in den Bundesländern.
Der französische Ölkonzern Elf Aquitaine hatte im Zusammenhang mit
dem Leuna-Kauf 256 Millionen Franc (39,0 Mill. Euro/537 Mill. S)
"Provisionen" gezahlt. Ein Großteil des Betrags wurde von dem
deutschen Geschäftsmann Dieter Holzer über ein international
verzweigtes Netz von Konten geschleust. Die Schweizer
Ermittlungsbehörden hatten den Geldfluss belegt und als klares Indiz
für Geldwäsche bewertet. Empfänger von Teilsummen waren nach
Schweizer Erkenntnissen die früheren deutschen
Verteidigungs-Staatssekretäre Holger Pfahls und Agnes Hürland-Büning.
Bei den Parteien stieß der Nehm-Bericht auf ein unterschiedliches
Echo. Die SPD warnte vor voreiligen Schlüssen, dagegen sah der
frühere Bundeskanzler Helmut Kohl die gegen ihn gerichtete
"Diffamierungskampagne" gescheitert.
Sein Sprecher erklärte, Kohl fühle sich durch den Abschlussbericht
der Bundesanwaltschaft vollauf bestätigt. Damit sei "endlich die
Wahrheit für jedermann offenbar geworden: Bundeskanzler a.D. Dr.
Helmut Kohl und die Mitglieder seiner Bundesregierung waren und sind
nicht bestechlich".
(APA)