International
Bevölkerung in Kabul ist skeptisch
Nach 20 Jahren Bürgerkrieg herrscht viel Misstrauen
Bonn - Die Bevölkerung in Afghanistan und vor allem in
der Hauptstadt Kabul ist nach jüngsten Eindrücken eines deutschen
Experten sehr skeptisch und sorgenvoll über eine politische
Neuordnung. Frauen in Kabul hätten weiter Angst und zögen nahezu
allesamt nach wie vor die volle Verschleierung mit der Burka vor, es
gebe keine massive Rückkehr von Flüchtlingen und von Euphorie sei
keine Spur, berichtete Erhard Bauer, Landeskoordinator der Deutschen
Welthungerhilfe für Afghanistan, am Mittwoch in einem dpa-Gespräch in
Bonn. "Nach 20 Jahren Bürgerkrieg herrscht viel Misstrauen, man verhält
sich abwartend und will nach so langer Zeit jetzt auch nichts aufs
Spiel setzen", beschreibt Bauer die Stimmungslage. "Männer die sich
nach dem Sturz der Taliban spontan die Bärte abrasieren ließen, haben
wieder Stoppeln."
UNO soll für Sicherheit sorgen
Die Bevölkerung setze auf die internationale Staatengemeinschaft.
Es gebe übereinstimmend den Wunsch, dass die UNO und das Ausland auch
mit einer Truppe für Sicherheit sorgen und nach Macht strebende
Kriegsfürsten zügeln müssten, sagte Bauer. "Man hofft, dass der
Westen die Dinge nicht wieder aus der Hand gibt." Die Lage nach den
Petersberger Beschlüssen werde allgemein von den Menschen als
"fragil" bewertet, erläuterte Bauer, der nach einem vierwöchigen
Aufenthalt in Kabul wieder nach Deutschland zurückkehrte.
Hilfslieferungen fänden wieder den Weg ins Land, sagte Bauer. Es
gebe aber Verzögerungen und Plünderungen. Problematisch sei zur Zeit
noch der Süden. Niemand könne wissen, wo sich noch Taliban-Kämpfer
oder ausländische Söldner des El-Kaida-Netzwerks von Osama bin Laden
aufhielten. Angesichts des langen Winters seien
Nahrungsmittellieferungen auch ein "Wettlauf mit der Zeit". Es könne
nur darum gehen, Millionen von Menschen gerade vor dem Hungertod zu
bewahren. "Viele Menschen können überhaupt nicht erreicht werden." (APA/dpa)