Wien - "Wir sind ein Full-Service-Telekomunternehmen nur für den Geschäftsmarkt, das sich in städtischen Gebieten als die führende Alternative zu den Exmonopolisten etablieren will", beschreibt Chris Rooney die Ambition der seit September an der Amsterdamer Euronext Börse notierten Priority Telecom.
Der eigentliche "Schatz" des Unternehmens, sagt Priority CEO Rooney im Gespräch mit dem STANDARD, "sind 11.000 Kilometer Glasfaser in unserem Besitz", eine Morgengabe des Kabelnetzbetreibers UPC bei der Unternehmensgründung. Aber anders als etwa bei KPNqwest, das seine Netze ringförmig durch Europa spannt, sind diese Glaskabel ausschließlich in Städten verlegt, wo das meiste Geschäft zu Hause ist.
Besitz und Betrieb des Netzes und nicht, wie bei vielen alternativen Telekombetreibern, die Einmietung in den Netzen der früheren Monopolisten sei der entscheidende Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Anbietern: "Wir verkaufen unseren Kunden garantierte Verlässlichkeit. Wenn wir versagen, werden Rückerstattungen und Strafzahlungen fällig", sagt Rooney. Dieses Maß an Ausfallsicherheit könne nur garantiert werden, weil Priority Telecom selbst im Besitz der "letzten Meile", also des Kabels bis in das Büro des Kunden, ist.
Selbst in den bedienten Städten ist Priority Telecom wählerisch und wirbt nur um Kunden, die in ökonomisch sinnvoller Distanz zum jeweiligen Hauptring sind: In Wien sind das potenziell 65.000 Unternehmen im Abstand von maximal 500 Meter vom 400 km langen Faserring. Aber natürlich würden bei großen Kunden wie etwa der niederländischen Polizei oder der ABN AMRO Bank Leitungen auch zu entlegenen Außenstellen verlegt werden, erklärt Rooney, der sein logistisches Know-how als Oberstleutnant der US-Marines in Vietnam entwickelte.
Solche Verlässlichkeit hat einen Preis, den in der Regel nur Geschäftskunden zu zahlen bereit sind. Dabei, räumt Rooney ein, gibt es bis auf weiteres noch ein Markenproblem: Denn nicht überall, wo Priority Telecom draufsteht, ist auch Priority Telecom drin. Einstweilen wird der Markenname auch noch von UPC für sein Telefonieprodukt für Private im Telekabelnetz verwendet. Die einstige Mutter UPC fasst jetzt darum eine Namensänderung in UPC Telecom ins Auge.
Derzeit ist UPC in acht städtischen Märkten tätig, sechs in den Niederlanden sowie in Oslo und Wien. In Ungarn und der Slowakei besitzt Priority Telecom zwar Fasern, will aber erst tätig werden, sobald das nötige Kapital verfügbar ist. "Wien kann dann ein Hub (Drehscheibe) für diese Märkte werden", sagt Rooney. Wie passen so weit gestreute Netze unter ein Unternehmensdach? Die Produkte seien jeweils die gleichen, erklärt Rooney, also könne man dieselbe Infrastruktur wie etwa das aufwendige Billing (Verrechnungssystem) zentral aufsetzen und müsse sich örtlich nur um technischen Support und Verkauf kümmern.
Dem Börsengang im September war der Skandal um den Telecom-Anbieter "World Online" vorausgegangen; die daraus resultierenden strengeren Regeln für das Listing "waren für uns sehr gut", sagt Rooney: "Die Notierung gibt unseren Kunden ein Ausmaß an Transparenz über unsere Finanzierungssituation, die ein privates Unternehmen nicht garantieren kann."(Helmut Spudich, Der Standard, Printausgabe, 20.12.2001)