Standard: Stimmt es, dass in Afghanistan wieder überall Opium angebaut wurde?

Frahi: Den Kollaps der Taliban, die momentane Abwesenheit von Law und Order haben die Bauern ausgenützt und angesichts der wirtschaftlichen Unsicherheit wieder Mohn ausgesät, auch dort, wo die Taliban vorher den Anbau ausgemerzt haben. Die Saatzeit war von Mitte Oktober bis Anfang Dezember.

STANDARD: Was ist mit den Opiumlagern passiert, die Experten in Afghanistan vermuten?

Frahi: Das ist ungewiss, die Vorräte befanden sich in den Händen von Bauern, Händlern, sehr wahrscheinlich auch der Taliban, einiges davon wird verkauft worden sein und schon wieder auf dem Weg auf den Markt sein oder woanders gelagert.

STANDARD: Welche Routen?

Frahi: Die Drogenrouten sind wie Flüsse, sie suchen sich den einfachsten Weg, wenn der geschlossen ist, dann eben einen anderen. Die nahe liegendste Route von den paschtunischen Gebieten ist über Pakistan, auch der Stammesverbindungen wegen, im Westen Afghanistans über Iran, und von Mazar-e Sharif gehen die Drogen eben nach Usbekistan und Turkmenistan und von den tadschikischen Gebieten nach Tadschikistan. Aber es ist schwer zu sagen, wie sich das entwickelt, wir haben eine neue politische Situation, und noch ist die Macht auf dem Land in der Hand derjenigen, die sie militärisch kontrollieren.

STANDARD: Die UNDCP hatte hauptsächlich Kontakte zu den Taliban, wie steht es mit der Nordallianz?

Frahi: Wir haben immer Kontakte zu beiden gehabt, aber natürlich war es wichtiger, mit denen zu reden, die 96 Prozent des Mohnanbaus kontrollierten. Heute ist die Situation anders, wir haben ein Afghanistan, und wir sind wieder mit der Tatsache konfrontiert, dass Opium immer Teil der afghanischen Wirtschaft war. Es wird angebaut, gleich, wer an der Macht ist. Wir müssen nun dafür sorgen, dass gewisse Leute auf Provinzniveau nicht die allgemeine Unordnung ausnützen. Die Interimsbehörden müssen ihre internationalen Verpflichtungen erfüllen und gegen Anbau und Handel etwas tun. Die UNDCP versucht, sie auf die neue Lage aufmerksam zu machen und zu erreichen, dass sie Priorität auf der politischen Agenda bekommt. Wir brauchen ein Verbot.

STANDARD: Gibt es Zusagen?

Frahi: Der kommende Außenminister Abdullah Abdullah hat versprochen, so schnell wie möglich eine Drogenkontrollkommission einzusetzen. Aber wir müssen an begleitenden Maßnahmen arbeiten, Alternativprogramme für die Bauern entwickeln, die Geberländer dazu bringen, dafür zu zahlen.

STANDARD: Ist im neuen UNDCP-Budget dafür Geld vorgesehen?

Frahi: Das ist nicht nur Sache der UNDCP, sondern auch anderer UN-Programme. Wir arbeiten mit dem UN-Beauftragten für Afghanistan, Lakhdar Brahimi, zusammen. Es handelt sich im ein großes, umfassendes Rehabilitationspaket. (DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 20.12.2001)