Wien - Für Beate Winkler, Leiterin der Europäischen Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit (EUMC), widerspricht die Rücktrittsforderung des Kärntner Landeshauptmanns Jörg Haider an den Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes, Ludwig Adamovich, "jeglichem demokratischen Verständnis". Österreich könne sehr stolz auf seine großen Minderheitenrechte sowie ein Vorreiter in der EU sein. "Jetzt werden diese Erfolge aber kleingeredet", zeigte sich Winkler am Mittwoch über den laufenden Ortstafelstreit völlig "verständnislos".

Eigentlicher Zweck ihrer Einladung war die Präsentation des EUMC-Jahresberichts 2000. Der darin enthaltene Befund für Österreich: Das Land nehme im Vergleich zu anderen EU-Mitgliedsstaaten eine "relativ unauffällige" Rolle ein, was rassistische, fremdenfeindliche und antisemitische Vorfälle betrifft. Rassistisch motivierte Straftaten hätten sich im Jahr 2000 verringert, konstatierte Winkler. Laut Jahresbericht wurde insgesamt 450-mal gegen mutmaßliche Täter Klage wegen Rassismus erhoben. Im Jahr 1999 waren hier noch mehr als 700 Fälle zu verzeichnen. Explizit im Bericht der EU-Beobachtungsstelle erwähnt wird "gewalttätiges und rassistisches Verhalten der österreichischen Polizei", das "keine Seltenheit" sei.

Als Hauptproblem gilt für die EUMC-Leiterin die Diskriminierung am Arbeitsmarkt. In der Regel seien daher auch die Arbeitslosenzahlen unter den Migranten und Minderheitsgruppen verhältnismäßig höher als bei der Bevölkerungsmehrheit. Daneben gebe es Ungerechtigkeiten bei der Wohnungssuche und beim Zugang zu sozialen Diensten. Doch, so Winkler, im Vergleich liege Österreich hier nicht schlechter als andere EU-Mitglieder. Große Gefahr sieht Winkler im Antiislamismus, der seit den Anschlägen am 11. September - wie erwartet - stärker geworden sei. In Österreich habe die Politik gut und ruhig reagiert, stellte sie fest. In der Folge sei es auch kaum zu Vorfällen gekommen. In den letzten Wochen habe sich die Situation von Muslimen jedoch negativ entwickelt.

Nicht unerwähnt bleibt im Österreichteil die Freiheitliche Partei - wobei man auch auf den Weisenbericht über Österreich zurückgreift. So wird Kritik an der "zweideutigen Sprache und der fremdenfeindlichen Propaganda der FPÖ" geübt. Diese stelle die Existenz von nicht österreichischen Bürgern "als Bedrohung für die innere Sicherheit und die österreichische Identität" dar. Besorgt zeigt man sich im Bericht auch darüber, "dass gegen Gegner der Partei" Beleidigungsprozesse angestrengt würden. Wörtlich heißt es dazu: "Diese Praktiken könnten dazu führen, dass Kritiker der Regierung zum Schweigen gebracht werden." (pm)


(DER STANDARD, Printausgabe, 20.12.2001)