Ob sich der fromme Wunsch der Met erfüllen wird, dass sich zögerliche Besucher nach überschwänglichen Kritiken (New York Times: "In vielen Jahrzehnten werden sich Opernliebhaber noch damit brüsten, bei dieser "Frau ohne Schatten" gewesen zu sein") doch noch entscheiden werden, dieser Oper in dieser Besetzung und Inszenierung eine Chance zu geben, bleibt jedoch dahingestellt.
Das Premierenpublikum war jedenfalls hingerissen, und die Stars der Aufführung, Deborah Voigt, Thomas Moser, Wolfgang Brendel, Gabriele Schnaut und die für Hanna Schwarz als Amme eingesprungene Reinhild Runkel, wurden am Ende des Abends mit tosendem Applaus bedacht. Auch Wernickes fantastische Inszenierung, die mit Spiegeln und tanzenden Lichtern brilliert, wurde so sehr bejubelt, dass ein Witzbold unter den Zuschauern meinte: "Das ist wohl das Ende seiner Karriere in Europa. Dort müssen Inszenierungen ausgebuht werden, um erfolgreich zu sein."
Auch während der vergangenen Monate war nur eine einzige Oper an der Met von Anbeginn ausverkauft: Eine von Kritikern nicht gerade mit Lob versehene Neuinszenierung von Bellinis "Norma" mit Jane Eaglen.
Fehlende Touristen
Für alle bisherigen musikalischen Höhepunkte, etwa einen atemberaubenden "Wozzeck" mit Falk Struckmann, einen musikalisch herausragenden "Idomeneo" mit Placido Domingo und das New Yorker Debüt des Met-Lieblings James Morris als Hans Sachs in den "Meistersingern von Nürnberg", waren auch im letzten Moment noch Karten zu erhalten. (Innerhalb von wenigen Stunden ausverkauft war allerdings, nur zehn Tage nach dem Terroranschlag, auch eine Benefizveranstaltung zugunsten der Opfer des World Trade Center.)
Met-Pressesprecher Peter Clark erklärte im STANDARD-Gespräch, bisher halte sich der durchschnittliche Rückgang im Kartenverkauf unter zehn Prozent, ein zu erhoffender Aufschwung im Tourismus könne dies möglicherweise bis Ende der Saison ausgleichen.
Allerdings: Durch den Rückgang im Tourismus, die auf die prekäre Wirtschaftslage zurückzuführende Verringerung von Spenden durch Mäzene, darunter auch große Firmen, und bereits vor dem Anschlag auf das World Trade Center angekündigte Budgetkürzungen seitens der City of New York sehen viele New Yorker Institutionen einer düsteren Zukunft entgegen.
Leere am Off-Broadway
Die schon lange laufenden Broadway-Musicals, Dauerbrenner wie "The Producers", verkaufen zwar wieder Karten. Es sind jedoch die kleineren Theater, Off-Broadway, die am stärksten an den Folgen des 11. September leiden: Bei einer Vorstellung von Sophokles' "Ödipus Rex" im Bouwerie Lane Theater appellierte der Direktor an das spärliche Publikum: "Ich danke euch, dass ihr gekommen seid; sagt euren Freunden, sie sollen kommen. Wir gehen sonst unter." Eine vor kurzem veröffentlichte Studie des Center for an Urban Future (Zentrum für die Zukunft der Stadt) kam zu dem Schluss, für "nicht auf Gewinn ausgerichtete Kunstinstitutionen beginnt nun die problematischste Ära seit dreißig Jahren".
Kultur-Wiederaufbau
So haben etwa das Guggenheim Museum oder das Joseph Papp Theater (das mit den alljährlich stattfindenden kostenlosen Shakespeare-Aufführungen unter freiem Himmel im Central Park zur Legende geworden ist) bereits jetzt 20 Prozent ihrer Angestellten gekündigt. Die Studie forderte den zukünftigen Bürgermeister von New York, Michael Bloomberg, eindringlich auf, das Kunstleben New Yorks zu einem wichtigen Punkt des Wiederaufbaus zu machen.